Hongkong: Lam zieht Auslieferungsgesetz zurück
Die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong hat den Entwurf des umstrittenen Gesetzes für Auslieferungen nach Festland-China komplett zurückgezogen. Das teilte Regierungschefin Carrie Lam am Mittwoch nach einem Treffen mit Abgeordneten mit.
Mit dem formellen Rückzug erfüllt die Regierungschefin eine von fünf zentralen Hauptforderungen der Demonstranten zurück, die seit Monaten gegen das Gesetz in Massen auf die Straße gehen.
In ersten Reaktionen äußerten Aktivisten ihre Erleichterung, machten aber deutlich, dass ihnen der Rückzug nicht ausreicht. Die weiteren vier Forderungen der Demonstranten sind der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt gegen die Demonstranten, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des "Aufruhrs".
Viele Demonstranten fordern darüber hinaus noch politische Reformen und wirklich freie Wahlen. "Wenn sie die Sprechchöre der Leute in den Märschen hören, dann sind es die fünf Forderungen und nichts weniger", sagte Bonnie Leung von der Civil Human Rights Front, die große Demonstrationen organisiert hatte.
Vielen dürfte der Rückzug des Gesetzes nicht weit genug gehen, wenn es nicht eine Untersuchung der Polizeigewalt gebe. "Ohne eine unabhängige Untersuchung kann unsere Gesellschaft einfach nicht voranschreiten, weil wir jetzt sehen, dass die Polizei jeden Tag wahllos Leute verprügelt", sagte Leung.
Gesetzesentwurf galt bereits als "tot"
Eine weitere Forderung wäre beispielsweise Lams Rücktritt. Gerüchte über angebliche Rücktrittsgedanken hatte sie zuletzt allerdings deutlich dementiert.
Bisher hatte sie den Gesetzentwurf, der die Auslieferung beschuldigter Hongkonger an die Volksrepublik China erlaubt hätte, auf Druck der Demonstranten lediglich auf Eis gelegt, beziehungsweise als "tot" bezeichnet.
Besondere Rechte gefährdet
An dem Gesetzentwurf hatten sich die Proteste der Demokratiebewegung vor rund drei Monaten entzündet. Seit Mitte Juni weiteten sie sich stetig aus. Der früheren britischen Kronkolonie Hongkong wurden nach der Übergabe an China 1997 besondere Rechte wie das der freien Meinungsäußerung eingeräumt. Diese Rechte sehen die Regierungskritiker nun gefährdet.