Hat ein Elefant Anspruch auf Menschenrechte? Brisantes Verfahren in New York
Von Johannes Arends
Trotz ihrer enormen Größe sind Elefanten keinesfalls simple Wesen. Sie leben in Familien von bis zu 28 Tieren zusammen, sorgen stets für eine gerechte Nahrungsverteilung innerhalb der Gruppe, trauern teilweise jahrelang um Verstorbene und nutzen regelmäßig Werkzeuge mit ihrem beweglichen Rüssel.
Für die Forschung steht fest: Elefanten zählen zu den intelligentesten Bewohnern unseres Planeten. Bei wissenschaftlichen Tests konnten Elefanten sogar einfache mathematische Aufgaben lösen und den sogenannten Spiegeltest bestehen, was beweist, dass sie zur Selbstwahrnehmung fähig sind.
Das sieht auch die US-Tierschutzorganisation Nonhuman Rights Project (NRP) so. Dass Elefanten trotzdem weltweit in Zoos gehalten werden, ist aus Sicht der Aktivisten grausam. Sie haben deshalb in einem aufsehenerregenden Gerichtsprozess die Freilassung der New Yorker Elefantendame "Happy" gefordert, die seit 45 Jahren im Zoo des Stadtteils The Bronx lebt.
Was den Fall noch brisanter macht: "Happy" ist ausgerechnet jene Dickhäuterin, die 2006 als erster Elefant weltweit den Spiegeltest bestand und somit die Intelligenz ihrer Spezies unterstrich.
"Sie wird als wunderbares Geschöpf respektiert"
Weil "Happy" als erwiesenermaßen intelligenter Asiatischer Elefant ein eigenständiges Individuum mit "komplexen kognitiven Fähigkeiten" sei, sollte sie rechtlich als "Person" gelten, argumentieren die Tierschützer. Demnach haben für sie auch einfache Menschenrechte zu gelten, wie etwa das Recht auf Leben oder das Recht auf Freiheit.
Kenneth Manning, der Anwalt des angeklagten Bronx Zoo, stellt dem gegenüber, dass es der Elefantendame in ihrem jahrzehntelangen Zuhause keinesfalls schlecht gehe. Sie werde dort zwar nicht als "Person" wahrgenommen, aber "als das wunderbare Geschöpf respektiert, das sie ist".
Aufgrund ihrer jahrelangen Gewöhnung an Menschen kann "Happy" jedenfalls nicht mehr in die Wildnis entlassen werden, deshalb solle sie zumindest von einem "ein Hektar großen Gefängnis" in ein Reservat nach Asien gebracht werden, fordert NRP.
Aus Sicht des Zoos würde ein solcher Umzug großen Stress für "Happy" bedeuten. Das zeige, dass es der Tierschutzorganisation gar nicht um das Wohlergehen des Tiers gehe, und beweise stattdessen, "dass sie bereit sind, 'Happys' Gesundheit und psychologisches Wohlergehen für ihre persönlichen Überzeugungen aufs Spiel zu setzen".
Urteil könnte Folgen für alle Zoos in den USA haben
Ein Urteil in dem Rechtsstreit könnte weitreichende Folgen haben, und das nicht nur für ein älteres Elefantenweibchen in New York. Bei ähnlichen Klagen in der Zukunft könnten sich weitere US-Gerichte auf die Entscheidung im Fall "Happy" berufen - sollte das Tier also freigelassen werden müssen, könnte das der Anfang vom Ende für Zoos in den Vereinigten Staaten sein.
Darauf machte auch Anwalt Manning aufmerksam: "Wenn bestimmten Tierarten also neue Rechte zugestanden werden sollen, die sie noch nie hatten, und somit die Rechte von Tieren in den USA umfassend neu formuliert werden müssten - sollte diese Entscheidung dann nicht vom Gesetzgeber getroffen werden?"
Offen bleibt auch die Frage, wie es dann künftig um die Rechte von Haustieren stehe. "Heißt das, ich darf keinen Hund mehr halten? Hunde können sich schließlich auch Namen und Befehle merken", fragte deshalb sogar Richterin Jenny Rivera. Doch "Stand jetzt" gebe es eben Hinweise darauf, dass die kognitive Kapazität von Elefanten deutlich größer sei, so die NRP-Aktivisten.
Die komplexen Kommunikationsformen von Elefanten - mittels Berührungen, Geräuschen, Erschütterungen und Gerüchen - hat die Forschung noch nicht entschlüsselt. Sonst könnte "Happy" schließlich selbst in den Zeugenstand treten.