Politik/Ausland

Großbritannien: Wahlkampfstart mit Big Ben, Stalin und Vorwürfen

Unter dem Londoner Glockenturm Big Ben sind in der Nacht auf Mittwoch für gut fünf Wochen die Lichter ausgegangen - der britische Wahlkampf hat offiziell begonnen. Die unmittelbar folgenden Verbalattacken von Premier Boris Johnson gegen die Labour-Partei lässt erahnen, dass die Zeit bis zur Unterhauswahl am 12. Dezember schmutzig werden könnte.

Johnson beschuldigte die Sozialdemokraten etwa, sich in der Affäre um den 2018 in Salisbury vergifteten Doppelagenten Sergej Skripal auf die Seite Moskaus gestellt zu haben. Zuvor hatte der Premier die Methoden von Labour mit denen von Sowjetdiktator Josef Stalin verglichen. Die Sozialdemokraten verachteten das Streben nach Profit so sehr, dass sie bereit seien, die Grundlage des Wohlstands zu zerstören, so Johnson. Falls Labour gewinne, „würden sie Steuern auf alles erheben: auf Renten, Geschäfte, Erbschaften, Häuser und Gärten“.

Parteichef Jeremy Corbyn wies die Attacken zurück: „Das ist der Schwachsinn, den die Superreichen raushauen, um ein bisschen mehr Steuern zu vermeiden.“

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Doch was fordern die britischen Parteien im Wahlkampf tatsächlich?

Tories

Premier Johnson will mit dem vorgezogenen Urnengang das Patt im Brexit-Streit auflösen. Ob seinen Konservativen das gelingen wird, ist jedoch ungewiss. Obwohl seine Konservativen in BBC-Umfragen mit derzeit 38 Prozent führen, ist nicht ausgeschlossen, dass es für keine absolute Mehrheit reicht. Grund ist das in Großbritannien geltende Mehrheitswahlrecht.

Johnson will den auf 31. Jänner verschobenen Brexit mit dem Deal durchführen, den er mit der EU ausgehandelt hat.

Allerdings verzichtet seine Partei auf die Drohung eines No-Deal-Brexit. Damit zielt Johnson auf gemäßigte Wähler ab, die auf klare Verhältnisse und ein Ende des Brexit-Chaos hoffen, aber die EU nicht ohne Vertrag verlassen wollen.

Punkten wollen die Tories zudem mit Sozialreformen wie der größten Pensionserhöhung seit acht Jahren punkten - ein direkter Angriff auf die Sozialdemokraten.

Labour

Die Sozialdemokraten kommen laut BBC derzeit auf 26 Prozent der Stimmen. Ihre Kampagne führen sie mit klassischen linken Themen wie leistbares Wohnen oder Senkung der Energiekosten.

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Im Fall eines Wahlsiegs will Parteichef Corbyn den Deal mit der EU neu verhandeln und die Wähler in einem Referendum darüber entscheiden lassen. Er wolle eine "glaubwürdige Wahl" zwischen einem Verbleib in der EU oder einem Brexit ermöglichen, so Corbyn.

Die Partei selbst ist in der Frage gespalten, auch Corbyn will sich nicht festlegen, ob er für "Remain" oder "Leave" stimmen würde.

Liberaldemokraten

Die Partei verspricht, bei einem Wahlsieg den Brexit abzusagen. In Umfragen liegt sie derzeit bei 17 Prozent und überlegt einen Wahlpakt mit kleineren Pro-EU-Parteien wie den Grünen und der walisischen Plaid Cymru.

Scottish National Party SNP

Die schottische Regierungspartei mit derzeit vier Prozent in den Umfragen setzt sich für einen Verbleib in der EU ein. Parteichefin Nicola Sturgeon strebt zudem ein neuerliches Referendum über eine Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien an. Sowohl Premier Johnson als auch Labour-Chef Corbyn lehnen das ab.

Brexit-Party

Die rechtspopulistische Partei von Brexit-Hardliner Nigel Farage ist derzeit nicht im Unterhaus vertreten, könnten den Tories aber wichtige Stimmen abjagen. Derzeit liegt die Brexit-Party bei rund 10 Prozent der Stimmen. Farage will sich bei der Neuwahl nicht selbst um einen Sitz im Unterhaus bewerben. Stattdessen wolle er landesweit gegen Johnsons Brexit-Deal kämpfen.