Großbritannien: Farage zerstört Labour und Tories
Von Armin Arbeiter
Fünfter Platz mit lediglich 8,7 Prozent, Führungsdebatte, tiefe Gräben – EU-politisch sind die konservativen Tories am Boden, und das, obwohl die Regierungspartei die größten Kompetenzen in EU-Fragen haben sollte. Immerhin versucht sie seit fast drei Jahren, den Austritt aus der Union abzuwickeln.
Nutznießer ist der überzeugte EU-Gegner Nigel Farage, der seinen Wahlsieg von 2014 – damals noch mit der europakritischen UKIP wiederholen konnte. Nur diesmal mit einem fulminanten Ergebnis, das die beiden ehemaligen Großparteien vernichtet: 30,7 Prozent konnte die Brexit-Partei laut ersten Hochrechnungen vor der Auszählung der Wahlergebnisse in Nordirland erreichen. Im Unterschied zu 2014 liegt die Brexit-Partei ganze 9,6Prozentpunkte vor dem überraschenden Zweiten, den „Liberalen Demokraten“ (21,1 %).
Labour liegt mit niederschmetternden 15,3 Prozent auf Rang drei. Im Ringen um den Brexit haben sich sowohl Labour als auch Tories in internen Grabenkämpfen zerfleischt – der Streit darum, ob und wie ein Austritt aus der Europäischen Union abzulaufen hätte, spaltete beide Parteien. Dass es die Regierung um die scheidende Premierministerin Theresa May nicht geschafft hatte, vor den EU-Wahlen aus der Union auszutreten, veranlasste Nigel Farage, seine Partei zu gründen. „Verrat“, nannte er die schleppenden Verhandlungen zwischen London und Brüssel.
In einigen Umfragen zur britischen Wahl liegt die Brexit-Partei bereits hinter Labour auf Platz zwei. Doch auch die Liberalen Demokraten haben in der Gunst der Wähler aufgeholt, seit sie sich klar gegen einen Brexit positioniert haben.
Chancen für Johnson
Es scheint, als ob drei Jahre nach dem Brexit-Referendum eine klare Positionierung zum Brexit vonnöten ist, um im Ansehen der Wähler zu steigen. Diese könnte für die Tories Boris Johnson als Parteichef vertreten – seine Chancen auf Mays Nachfolge stehen gut.
Auf den EU-weiten Trend konnten die Grünen aufspringen und schafften mit 12,1 Prozent und dem vierten Platz einen Achtungserfolg.
Die baldige parlamentarischen Sommerpause werden die am Boden liegenden Großparteien nutzen, um sich für etwaige Neuwahlen im Herbst klarer zu positionieren.