"Grob und unsensibel": Macron wegen Sager über Demonstrantin in der Kritik
Der Fall einer 73-jährigen Demonstrantin, die bei einer "Gelbwesten"-Kundgebung in Nizza schwer verletzt wurde, sorgt in Frankreich für heftigen Streit. Die Anwältin der betroffenen Familie und die linke Opposition im französischen Parlament warfen Präsident Emmanuel Macron am Montag im Umgang mit dem Fall mangelndes Feingefühl vor.
Wünscht ihr "Besonnenheit"
An ihre Mandantin gerichtete Äußerungen Macrons seien "grob und unsensibel", sagte die Anwältin Arié Alimi. Die Aufnahmen von der 73-jährigen Geneviève Legay, die am Samstag mit blutüberströmtem Kopf auf der Straße lag, verbreiteten sich schnell in den Online-Netzwerken. Macron hatte Legay in der Zeitung "Nice Matin" (Montagsausgabe) daraufhin eine "schnelle Genesung und vielleicht auch eine Art Besonnenheit" gewünscht.
"Wenn man gebrechlich ist und geschubst werden könnte, begibt man sich nicht an Orte, die gesperrt wurden, und man begibt sich nicht in derartige Situationen", zitierte "Nice Matin" den Präsidenten.
"Unverhältnismäßige Gewalt" der Polizei
Die Demonstranten der "Gelbwesten"-Bewegung hatten sich am Samstag in Nizza über ein Demonstrationsverbot hinweggesetzt. Bei einem Polizeieinsatz gegen die Demonstranten wurde die 73-jährige Attac-Aktivistin Legay schwer verletzt; seither liegt sie im Krankenhaus. Legays Anwältin Alimi warf der Polizei "unverhältnismäßige Gewalt" vor.
Opposition ist verärgert
Die linke Opposition sah sich durch die Äußerungen Macrons in ihrem Vorwurf bestätigt, der Präsident verhalte sich herablassend gegenüber den "einfachen Leuten". Der Vorsitzende der Linkspartei La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich), Jean-Luc Mélenchon, twitterte am Montag: "Monsieur Macron, unsere Geneviève von Nizza braucht Ihre Lektionen in Besonnenheit nicht. Sie könnten viel von ihr lernen. Sie kämpft für das Wohl der anderen. Und Sie, in wessen Namen schlagen Sie auf sie ein?"
Aus den Reihen der Konservativen erhielt Macron Zuspruch. Der republikanische Bürgermeister von Nizza verwies auf das am Samstag geltende Demonstrationsverbot in seiner Stadt. Legay hätte an einem Ort demonstrieren können, wo es erlaubt gewesen wäre, erklärte der Bürgermeister Christian Estrosi.