Politik/Ausland

Rechter Stratege: Aus Identitären "wird nichts Großes mehr"

Götz Kubitschek, Verleger und Vordenker der Neuen Rechten, äußert sich resigniert über die Zukunft der Identitären Bewegung. Zwar seien die Identitären ein "wirklich guter Ansatz einer patriotischen, nicht-extremen und sehr kreativen Jugendbewegung" gewesen, doch sei diese mittlerweile "bis zur Unberührbarkeit kontaminiert", bedauert der Deutsche im Interview mit der rechtsextremen Zeitschrift Neue Ordnung, die im Grazer Ares-Verlag erscheint.

Die rechtsextremen Identitären haben ihren Ursprung in Frankreich und sind auch in Österreich und Deutschland aktiv. Das Ziel des österreichischen Identitären-Sprechers Martin Sellner etwa ist, der Ideologie des Rechtsextremismus einen hippen, scheinbar gemäßigten Anstrich zu geben.

Nachdem der Christchurch-Terrorist - einige Zeit vor seinem Anschlag am 15. März - eine namhafte Summe an Sellner gespendet und sich außerdem auf die von den Identitären propagierte Theorie des "Bevölkerungsaustauschs" berufen hatte, ist es mit dem soften Image schwierig geworden. In Deutschland hat der Bundesverfassungsschutz die Identitären als rechtsextremistisch eingestuft. "Diese geistigen Brandstifter" würden "die Gleichheit der Menschen oder gar die Menschenwürde an sich infrage stellen", hieß es im Juli.

"Kontaminiert"

Wohl vor diesem Hintergrund sagt Kubitschek nun, in der Neuen Ordnung auf Sellner angesprochen: "Manche Leute und Gruppierungen werden zu 'weißen Billiardkugeln' gemacht, mit denen dann andere Kugeln ins Loch gestoßen werden sollen. Mit Blick auf die Identitären war das zu erwarten, es war ziemlich bald klar, dass diese Rolle genau dieser Bewegung zugedacht wäre."

Denn "jung, aktivistisch, die eine oder andere einschlägige Biografie von rechtsextremistisch zu identitär", das seien "Zutaten für einen miesen Cocktail", meint der Verleger, "und alle Beteuerungen und Alltagsbeweise für die völlige Friedfertigkeit haben nichts mehr retten können". Weil die Identitären nun aber öffentlich "kontaminiert" seien, "wird nichts Großes mehr daraus", folgert Kubitschek.

Ansonsten ist Kubitschek in dem ausführlichen Interview bemüht, an seinem eigenen Mythos zu stricken. Der 49-jährige Verleger wohnt mit seiner Familie auf dem ehemaligen Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt und gilt als Chefideologe der Neuen Rechten in DeutschlandEr betreibt den Antaios-Verlag, gibt die Zeitschrift Sezession heraus und hat das "Institut für Staatspolitik (IfS)" gegründet, das als Veranstaltungsort für Vernetzungstreffen von Rechtspopulisten und Rechtsextremen dient.

Kubitschek und seine Organisationen seien gleichsam ein Scharnier zwischen rechtspopulistischer, rechtskonservativer und rechtsextremer Szene in Deutschland, heißt es aus der Amadeu-Antonio-Stiftung zum KURIER. Die gemeinnützige deutsche Stiftung will das Bewusstsein gegen Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus stärken.

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Enttäuschte Bestandsaufnahme

Das schmale Buch "Provokation" von Kubitschek aus dem Jahr 2007 kann heute als Gebrauchsanleitung für die Identitären gelesen werden. Kubitschek gilt auch als eine Art Mentor von Sellner. Seine Bilanz der Identitären dürfte daher keine politische Kindesweglegung bedeuten, sondern eher eine Bestandsaufnahme sein. Noch im vergangenen März schrieb Kubitschek über Sellner und den einschlägig bekannten Publizisten Martin Lichtmesz: "Ich bin nicht mit jedem meiner Autoren befreundet - mit Martin aus Wien aber schon. Und mit dem anderen Martin aus derselben Stadt natürlich auch!"

Kubitschek habe die Identitäre Bewegung in dem jüngsten Interview jedenfalls bereits "verbal abgewickelt", schreibt die Nachrichtenseite belltower.news, die von der Amadeu-Antonio-Stiftung getragen wird. Dass die Identitären ein Lieblingsprojekt der Neuen Rechten seien, "ist nun wohl vorbei". Möglich sei aber, heißt es weiter, dass von rechtsextremer Seite eine neue Bewegung geplant sei.