Georgien: Proteste der Pro-Europäer erfolgreich, Gesetz gestoppt
Von Konrad Kramar
Wieder eine Nacht mit gewaltsamen Protesten in Tiflis, wieder riesiger Polizeieinsatz mit Tränengas und Wasserwerfern und Dutzende Verhaftungen: In der Kaukasus-Republik Georgien haben Zehntausende auf der Straße dafür protestiert, ihr Land wieder auf einen Kurs in Richtung Europa zu bringen. Jetzt hat die Regierung in Tiflis eingelenkt: Ein umstrittenes Gesetzesprojekt, das streng nach Vorbild Moskaus gezimmert war, wird abgeblasen.
"Ausländische Agenten"
Das Gesetz sollt den „ausländischen Einfluss“ auf Hilfsorganisationen oder andere nicht-staatliche Einrichtungen unter Kontrolle bringen. Wer mehr als 20 Prozent seines Budgets aus dem Ausland erhält, muss sich als „ausländischer Agent“ deklarieren und wird so unter strenge staatliche Aufsicht gestellt. Betroffen sind etwa zahlreiche Organisationen, die von der EU unterstützt werden, mit der Georgien ein Assoziierungsabkommen hat.
Nach Vorbild Putins
Das Gesetz erinnert vor allem seine Kritiker an ein ähnliches Gesetz in Russland, das erst im Vorjahr verschärft wurde. Man unterstellt der Regierung, ähnliche Pläne wie der Kreml zu verfolgen, der ja damit regierungskritische Organisationen aushungern will.
Gespaltenes Land
Der Konflikt um das Gesetz trifft ein ohnehin politisch immer tiefer gespaltenes Land. Im Brennpunkt steht ein Mann, der seit Jahren als der Drahtzieher der georgischen Politik gilt: Bidsina Ivanischvili.
Als Premier war der milliardenschwere Oligarch 2012 nur ein knappes Jahr im Amt. Danach zog sich der Gründer und Kopf der Partei „Georgischer Traum“ offiziell aus der Politik zurück, auch, weil Berichte über seine undurchsichtigen Beziehungen mit Russland auftauchten. Trotzdem gilt der Oligarch, der in den 1990ern nach dem Zerfall der Sowjetunion in Russland ein Vermögen gemacht hatte, als der mächtigste Mann des Landes.
Der Drahtzieher
Ivanischvili zieht die Fäden in der Regierung, die sich vom lange ehrgeizigen pro-europäischen Kurs des Landes verabschiedet hat und die Nähe zu Russland sucht. Für die pro-europäische Mehrheit der Bevölkerung ist das inakzeptabel, auch, weil Georgien mit Russland seit dessen Invasion 2008 einen ungelösten Konflikt um zwei Regionen hat, die von Moskau dirigiert werden.