Politik/Ausland

George Bush: Auf der Weltbühne brilliert, zu Hause gescheitert

Es war wohl der dramatischste Generationswechsel in der Geschichte des Weißen Hauses. Mit George Bush trat im Jänner 1993 ein Weltkriegsveteran, der noch gegen die Japaner Luftkämpfe ausgetragen hatte, als US-Präsident ab. Sein Nachfolger Bill Clinton hatte gegen den Vietnamkrieg demonstriert und seine Zeit statt in Uniform lieber mit einem Studium in Oxford, Saxofon spielen und gelegentlichem Konsum von Marihuana verbracht.

Vom kaputten Gesundheitswesen bis zur grassierenden Kriminalität in den Städten: All das versprach Bill Clinton anders, ganz anders zu machen als sein Vorgänger. Weltpolitisch aber stapfte der 46-Jährige so vorsichtig wie respektvoll in dessen Fußstapfen.

Denn auf diesem Gebiet war Bush kaum je daneben getreten – und das, obwohl in seine Amtszeit eine der dramatischsten Umbruchphasen des 20. Jahrhunderts fiel. Im Jänner 1989 als 41. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt, sprach der damals 64-jährige Bush schon in seiner Antrittsrede davon, dass „ein neuer Wind der Freiheit um die Welt wehe“. Monate später hatte dieser Wind der Freiheit bereits Orkanstärke erreicht und fegte die Berliner Mauer und bald den gesamten Eisernen Vorhang weg.

Bushs Vorgänger Ronald Reagan hatte mit großen Gesten („Mr. Gorbatschow, reißen sie diese Mauer nieder“) und offensiver militärischer Aufrüstung diesen Umbruch vorangetrieben.

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Wiedervereinigung

Jetzt war der Umbruch weltpolitische Realität – und der zurückhaltende, ruhige Bush, der als Reagans Vize immer im Hintergrund geblieben war, setzte auch jetzt jeden seiner Schritte mit Bedacht. Der Weg zur deutschen Wiedervereinigung hätte in eine Katastrophe münden können, doch dank der konstruktiven Haltung der USA lief diese friedlich und zumindest weltpolitisch spannungsfrei ab. Bush hatte in entscheidenden Momenten eine sichere Hand bewiesen und damit auch die globale Führungsrolle der USA gesichert.

Dass er mit seiner ruhigen Hand auch führen – und zuschlagen konnte, bewies Bush ein Jahr später. Als der irakische Diktator Saddam Hussein im Nachbarland Kuwait einfiel, gelang es ihm eine globale Koalition zu schmieden. Die Operation „Wüstensturm“ war daher vor allem weltpolitisch ein überzeugender Erfolg. Militärisch dagegen blieb sie umstritten, da Saddam Hussein zwar Kuwait verlor, sich aber trotzdem an der Macht hielt.

Doch die Ruhe und Übersicht, die Bush weltpolitisch so erfolgreich machte, ließ ihn zu Hause hilflos vor einer eskalierenden Krise stehen. Die „Reagonomics“ , die kompromisslos wirtschaftsliberale Politik seines Vorgängers, hatte die USA nicht auf die Rezession vorbereitet, die in Bushs Amtszeit über das Land hereinbrach. Der boomende Finanzmarkt machte nur eine Minderheit reich. Die sozialen Sicherungssysteme dagegen waren finanziell ausgeblutet und wirkungslos.

Reagan hatte sich um deren Modernisierung nie gekümmert, Bush versprach sie, kam aber nie weit damit. Überfällige Reformen, wie jene des Gesundheitswesens, konnte er in seiner Partei nicht einmal im Ansatz durchsetzen. Weltpolitisch hatte ihn seine ruhige Hand durch alle Krisen geführt, daheim machte sie ihn zum Zauderer. Und der klammerte sich in entscheidenden Momenten an steinern-konservative Grundhaltungen. Die Kompromisse, die er angesichts einer drohenden Budget-Katastrophe machen musste, kamen zu spät und ließen ihn als Verlierer dastehen. Bill Clinton hatte seine Bühne, auf der er gegen den Amtsinhaber nur gewinnen konnte: „It’s the economy, stupid“, der legendäre Wahlspruch des Herausforderers, lenkte den Blick der Amerikaner wieder auf ihre eigenen Probleme. Der Weltpolitiker Bush war damit über Nacht ein Fall für die Geschichtsbücher – dort hat er seinen gebührenden Platz bekommen.

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