G7: Macrons brisanter Iran-Coup
Von Walter Friedl
Das Galadiner fand in entspannter Atmosphäre statt, dann plätscherte der G7-Gipfel im französischen Biarritz gestern vor sich hin. Bis zum Nachmittag. Da trudelte ein Überraschungsgast ein – und alles war plötzlich anders.
Der iranische Außenminister Dschawad Sarif landete im Tagungsort, ein starker Akzent des Gastgebers, von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich umgehend mit jenem Mann zusammensetzte, den der amerikanische Nationale Sicherheitsberater John Bolton einen Gauner nennt und gegen den die USA Sanktionen verhängt haben.
Sarif genoss den Auftritt sichtlich und postete ein Foto, das ihn in fröhlicher Runde mit Macron zeigt. In dem Tweet ist auch von einem gemeinsamen Briefing für Deutschland und Großbritannien die Rede. Allerdings, so hieß es, war die deutsche Kanzlerin in den Coup des französischen Staatschefs nicht im Vorhinein eingebunden.
Der US-Präsident äußerste sich zu dem Gott-sei-bei-uns der US-Politik für seine Verhältnisse äußerst knapp: „Kein Kommentar.“
Mit der brisanten Einladung setzt Macron vieles auf eine Karte und will damit die Rolle der Europäer im Nuklearstreit unterstreichen. Hintergrund: Im Vorjahr hatte Trump das internationale Atomabkommen aufgekündigt, mit dem verhindert werden soll, dass die Mullahs in Teheran in den Besitz der Atombombe kommen. Europa will diesen Deal retten und damit auch eine weitere Eskalation in der Region verhindern. Bisher ohne Erfolg.
Vor diesem Paukenschlag debattierten die G7-Granden den eskalierenden Handelsstreit zwischen den USA und China, der die gesamte Weltwirtschaft auf Talfahrt schicken könnte. Sogar der britische Premier Boris Johnson – in Originalität durchaus verwandt mit US-Präsident Donald Trump - reihte sich ein in die anti-amerikanische Front in dieser Causa: „Ich bin sehr besorgt über die Zunahme der Zölle.“
An dem US-Präsidenten freilich gingen die Appelle der übrigen G7-Teilnehmer offenbar vorbei. „Ich denke, sie (die G7) respektieren den Handelskrieg“, meinte er. Und weiter: „Wir brauchen China nicht, offen gesagt, es würde uns ohne sie sehr viel besser gehen.“ Amerikanischen Unternehmen hatte er sogar „befohlen“, sich aus dem Reich der Mitte zurückzuziehen (das ginge theoretisch mit einem Notstandsgesetz aus dem Jahr 1977). Darüber will Trump jetzt aber nochmals nachdenken. Tokio und London stellte er hingegen Handelsabkommen in Aussicht.
Gegenüber den Europäern strich „The Donald“ die „Erfolge“ seiner wachstumsfreundlichen Politik der Deregulierung und Steuersenkung hervor: „Dies steht im Kontrast zu dem, was in Europa passiert, wo es praktisch kein Wachstum gibt“, sagte ein hoher US-Regierungsbeamter im Vorfeld. Dass die US-Wirtschaft Anzeichen von Schwäche zeigt, weshalb Trump auf eine Zinssenkung drängt, verschwieg der Beamte.
Abseits der Sorgen um die Weltkonjunktur und eine globale Rezession beschäftigten die „Gipfelstürmer“ auch die Waldbrände im brasilianischen Amazonasgebiet und den angrenzenden Staaten.
Hilfe gegen Waldbrände
Die G7-Granden verständigten sich auf „technische und finanzielle“ Hilfen für die betroffenen Staaten und Regionen – vor allem für die Amazonasgebiete. Auch die Regierung in Brasilia genehmigte nun umgerechnet 8,3 Millionen Euro, um der Feuersbrunst Herr zu werden. Zudem wurden 43.000 Soldaten mobilisiert, die bei der Brandbekämpfung helfen und gegen illegale Abfackelungen vorgehen sollen.
Zudem wurden 43.000 Soldaten mobilisiert, die bei der Brandbekämpfung helfen und gegen illegale Abfackelungen vorgehen sollen. Riesige Löschflugzeuge kommen zum Einsatz.