Politik/Ausland

Marine Le Pen bricht endgültig mit ihrem Vater

Der Bruch zwischen der Vorsitzenden des "Front National" (FN), Marine Le Pen, und ihrem 86-jährigen Vater und Parteigründer Jean-Marie Le Pen ist endgültig vollzogen. Am Montag Abend entschied das Exekutivbüro des FN, die Parteimitgliedschaft von Jean-Marie Le Pen zu "suspendieren". Bei einem Sonderkongress in drei Monaten soll ihm sein bisheriger Titel als "Ehrenpräsident" des FN aberkannt werden.

Bereits im Vorfeld der Sitzung hatte Marine Le Pen ihren Bannfluch verhängt: "Jean-Marie Le Pen darf nicht mehr im Namen des FN sprechen. Seine Äußerungen stehen in völligem Gegensatz zur Parteilinie."

Jean-Marie Le Pen war dieser Sanktion zuvorgekommen, indem er der Sitzung des Exekutivbüros, dem er angehört und das ihn ausdrücklich vorgeladen hatte, fernblieb: "Man hat mich desavouiert. Ich gehe nicht hin, weil das mit meiner Würde unvereinbar ist."

Gaskammern-Sager

Ausgangspunkt des Konflikts mit dem Vater waren dessen jüngste Medienauftritte gewesen: In einem Radio-Gespräch hatte Jean-Marie Le Pen neuerlich die Frage der Existenz der Gaskammern der Nazis als "Detail" der Geschichte abgetan. Gleich darauf er hatte in einem Zeitungsinterview die Grundthesen des französischen Rechtsradikalismus heruntergebetet, darunter Lob für Philippe Pétain, dem Chef des Kollaborationsregimes unter der NS-Okkupation. Das Interview erschien in einer obskuren rechtsrechten Wochenschrift, die Marine Le Pen als "Drecksfetzen" bezeichnete.

Neuer Kurs

Der FN war bei zwei landesweiten Wahlen zuletzt auf 25 Prozent der Stimmen gekommen. Damit erscheint ein Sprung ins politische Machtgefüge Frankreichs zumindest vorstellbar. Marine Le Pen, die ihren Vater 2011 an der Parteispitze ablöste, glaubt aber, dass dieser Vormarsch nur von Bestand wäre, wenn sie die übelsten Gerüche aus der rechtsrechten Ursprungsküche der Partei los würde. Während ihr Vater diese Kurskorrektur missbilligt: "Kniefall vor dem System".

Ihre Hoffnung, den Vater politisch auf weniger schroffe Weise entsorgen zu können, zerstob bei der Pariser FN-Kundgebung am 1. Mai: Da störte er den Auftritt der Parteichefin, indem er auf die Veranstaltungstribüne stieg, obwohl im Programm gar nicht vorgesehen gewesen wäre. Marine Le Pen will jetzt durch die Kaltstellung ihres Vaters selber als moderatere Politikerin erscheinen.