Politik/Ausland

Wie die Macrons um Emily in Paris kämpfen

„Emily in Paris“ – schon der Titel der gefragten Netflix-Serie zeigt, in welcher europäischen Hauptstadt die junge Amerikanerin Emily an Champagner nippt, mit staunenden Kulleraugen fremde kulturellen Eigenarten entdeckt und dabei kein Klischee auslässt.

Und doch wird die Heldin, gespielt von Lily Collins, künftig nach Italien versetzt, um dort das neu eröffnete Büro ihrer Marketing-Firma zu leiten. So wurde es in der Serie von ihrer Chefin und im wahren Leben von den Machern der Erfolgsserie entschieden. „Vergiss die Crêpes, wir essen Pizza“, rief ihr neuer Freund Marcello, der – wie sollte es anders sein – natürlich Vespa fährt.

„Wir ringen darum“

Überrascht hat diese Wendung viele der Millionen Fans der Erfolgsserie, die in 190 Ländern gezeigt wird. Sogar der französische Präsident ist bestürzt – und hat sich in die Debatte eingeschaltet. „,Emily in Paris’ in Rom, das ergibt keinen Sinn“, sagte Emmanuel Macron in einem Interview mit dem US-Magazin Variety. Er werde die Verantwortlichen bitten, sie zurück in die französische Metropole zu holen. „Wir ringen heftig darum.“

Die Leidenschaft seiner Antwort rief Kritiker auf den Plan: Frankreich befindet sich in einer schweren finanziellen und politischen Krise – und der Präsident kämpft um Emilys Verbleib in der Hauptstadt? Ja, denn es handelt sich um einen durchaus politisch und wirtschaftlich motivierten Kampf, wie Macron in seiner Antwort andeutete. Die Serie habe „extrem positive Auswirkungen hinsichtlich der Attraktivität Frankreichs“. Täglich tummeln sich Fans in der Straße im Quartier Latin im Herzen der Stadt, wo Emily in einer der für Paris so typischen Mini-Wohnungen lebt. „Ihre“ Bäckerei an der Place de l’Estrapade verzeichnet massiven Zulauf, gerade durch Touristen, und in einem der Restaurants im Viertel gibt es ein „Emily-Menü“, auch thematische Führungen werden angeboten.

Überraschungs-Auftritt

Laut dem örtlichen Touristenbüro nennen mittlerweile 38 Prozent der Stadtbesucher „Emily in Paris“ als einen der Gründe für ihre Reise. Selbst Macrons Ehefrau Brigitte hatte vor wenigen Wochen einen kurzen Überraschungs-Auftritt in der Serie, in dem sie sich selbst spielte. „Ich bin super stolz auf sie“, kommentierte ihr Mann, der sich ebenfalls stets gerne an der Seite populärer Stars zeigt – womöglich zur Verbesserung der eigenen Beliebtheitswerte. Für ihn selbst sei ein Gastauftritt aber nicht in Frage gekommen, versicherte der 46-Jährige. Er sei ja „weniger attraktiv“ als Brigitte.

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All das erklärt, warum Paris Emily ungern ziehen lässt – und Rom sie bereits mit offenen Armen begrüßt. Genüsslich riet Bürgermeister Roberto Gualtieri dem französischen Staatschef auf X zur „Entspannung“: „Lieber Emmanuel Macron, haben Sie keine Sorge: Emily kommt sehr gut in Rom zurecht.“ Er sieht Emilys Umzug als Bestätigung für die gestiegene Bedeutung der italienischen Hauptstadt: „Die Netflix-Produktion weiß schon, was sie tut.“

Gerade in Frankreich und Paris hatte die Serie allerdings auch Kritiker. Die allzu platte Darstellung der Franzosen als Lebemenschen, die am späten Vormittag bei der Arbeit eintrudeln, bevor sie sich in ihre lange Mittagspause, natürlich mit Wein, verabschieden, irritierte. Manche Anwohner klagten über häufige Sperrungen des Viertels durch Dreharbeiten und den starken Zulauf von Selfie-machenden Fans. „Emily, casse-toi“, „Emily, verschwinde“, hatten Unbekannte zuletzt auf Mauern gesprüht. Das hat sie getan; ob es ein „Adieu“ für immer ist oder nur ein flüchtiges „Au revoir“, „Auf Wiedersehen“, das ist noch längst nicht ausgemacht, will man Macrons Worten Glauben schenken.

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