Flüchtlingskrise mit der Türkei: Ohne Geld keine Lösung
Eine Schutzzone für fast eine Million Menschen auf der Flucht vor der syrischen Luftwaffe – sie könnte Teil einer Lösung sein in der jüngsten Flüchtlingskrise zwischen Europa und der Türkei. Doch diese Idee, die vor allem Deutschland und die Niederlande gestern beim Treffen der EU-Außenminister in Zagreb andachten, hakt an allen Ecken und Enden.
Dabei wäre Geld sogar vorhanden – Deutschland hat der UNO 100 Millionen Euro für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften und für die Versorgung der notleidenden Bevölkerung in der syrischen Region um Idlib angeboten. Doch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR warnt: Die ganze Region ist Kampfgebiet.
Wird dort in der nordwest-syrischen Grenzregion ein großes Flüchtlingslager errichtet, könnten es die syrischen und russischen Raketen schon Stunden später wieder in Schutt und Asche legen. Und eigene Truppen, um die gestrandeten Menschen vor den Angriffen zu schützen, wird die EU nicht nach Syrien schicken.
Auch eine Flugverbotszone über Idlib würde den Flüchtlingen schon helfen. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell fordert sie – durchsetzen kann sie die EU aber nicht. Das liegt allein an Moskau, das den Luftraum über der Region kontrolliert.
Ausweg gesucht
Händeringend sucht die EU deshalb weiter einen Ausweg aus der jüngsten Flüchtlingskrise. Erste Notmaßnahme: 700 Millionen Euro für Griechenland und die Verstärkung seines Grenzschutzes.
Und: „Die EU muss die Anstrengungen der Türkei bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten weiterhin verstärkt finanziell unterstützen“, sagte der deutsche Außenminister Maas. Im Gegenzug aber forderte er auch: Die Türkei müsse sich an das 2016 geschlossene EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen halten. Was bedeutet: Erdoğan dürfe keine Flüchtlinge mehr an die griechische Grenze leiten.
Auch der niederländische Außenminister Stef Blok sagte: Wenn der Druck der Türkei aufhöre, könne man die Bedürfnisse der Türkei prüfen.
Hinter den Kulissen sind längst Gespräche mit der Regierung in Ankara angelaufen. Das EU-Flüchtlingsabkommen soll abermals verlängert werden. Wie viel Geld dabei zur Versorgung der 3,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in die Türkei fließen soll, ist noch völlig offen.
Von den versprochenen sechs Milliarden Euro der EU wurden bisher 3,2 Milliarden ausbezahlt, insgesamt 4,7 Milliarden davon fix verplant. Über hundert Lager mit Schulen, Spitälern und Verwaltung wurden errichtet, 120 sollen es insgesamt werden. Die letzten Projekte werden laut EU-Kommission erst – noch unter dem laufenden Deal – im Jahr 2025 auslaufen.
Erdoğan aber macht vorerst weiter Druck auf die EU. Auf den griechischen Inseln landen weiter Flüchtlinge. Und an die türkisch-griechische Grenze ließ er an die tausend Spezialpolizisten schicken.
Zudem drohte Innenminister Süleyman Soylu mit einem – für Europa – absoluten Schreckensszenario: Die Türkei könnte ihre Grenzen für die eine Million syrischen Flüchtlinge aus Idlib öffnen. „Und letztlich werden sich dann alle auf den Weg nach Europa machen“, sagte er.