Floyd-Mörder droht extra lange Haftstrafe
Dem weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin steht wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd im vergangenen Jahr im US-Bundesstaat Minnesota eine besonders lange Haftstrafe bevor. Richter Peter Cahill gab in einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, die wegen der besonderen Schwere der Tat eine längere Haftstrafe gefordert hatte. Chauvin habe bei der Tat als Polizeibeamter seine Machtstellung missbraucht, keine Erste Hilfe geleistet und Floyd in Anwesenheit von Kindern mit „besonderer Grausamkeit“ behandelt, erklärte Richter Cahill. Obwohl Chauvin zuvor nicht vorbestraft war, könnten ihm nun bis zu 40 Jahre Haft drohen.
„Es war besonders grausam, George Floyd durch das Verhindern seiner Fähigkeit, zu atmen, langsam zu töten, als Herr Floyd schon klargemacht hatte, dass es ihm schwerfiel, zu atmen“, schrieb der Richter. Das Knien auf dem Hals eines Verdächtigen habe zudem gegen die Vorschriften der Polizei von Minneapolis verstoßen. Chauvin habe Aufforderungen von Passanten und einem Kollegen, Floyd zu helfen, nachdem dieser bewusstlos geworden war, ausgeschlagen. Chauvins Tat sei zudem auch von vier Kindern bezeugt worden, drei 17-Jährigen und einer 9-Jährigen, erklärte der Richter weiter.
Schuldig des Mordes
Die Geschworenen hatten Chauvin Ende April unter anderem des Mordes zweiten Grades schuldig gesprochen. Weil Chauvin zuvor nicht vorbestraft war, drohte ihm Richtlinien zufolge aber nicht die Höchststrafe von 40 Jahren, sondern eher eine Strafe von rund 12,5 Jahren. Nun scheint eine längere Haftstrafe wahrscheinlich. Die Verkündung des Strafmaßes ist für den 16. Juni geplant. Für den nunmehr unwahrscheinlichen Fall einer relativ kurzen Haftstrafe für Chauvin hatten Beobachter mit neuen Protesten gerechnet.
Floyds Tod am 25. Mai 2020 bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis hatte in den USA Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst. Videos dokumentieren, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb. Die Beamten hatten ihn wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.
Chauvin hatte vor Gericht auf nicht schuldig plädiert. Sein Verteidiger hatte argumentiert, dass die Gewaltanwendung gerechtfertigt gewesen sei, weil sich Floyd der Festnahme widersetzt habe. Zudem vertrat er die Meinung, dass Floyds Tod nicht primär auf Gewalteinwirkung zurückging, sondern vor allem auf bestehende Herzprobleme und Rückstände von Drogen in seinem Blut. Experten der Staatsanwaltschaft hatten diese Argumentation klar zurückgewiesen.
Neben dem schwerwiegendsten Anklagepunkt, Mord zweiten Grades ohne Vorsatz, befanden die Geschworenen Chauvin auch wegen Mordes dritten Grades und Totschlags zweiten Grades für schuldig. Dem Recht des Bundesstaats Minnesota zufolge wird das Strafmaß Experten zufolge jedoch nur vom schwerwiegendsten Anklagepunkt abhängen.
Anklage auch vor Bundesgericht
Unabhängig von dem Verfahren in Minnesota ist gegen Chauvin auch vor einem Bundesgericht Anklage erhoben worden. Das US-Justizministerium teilte vergangene Woche mit, dem Beschuldigten werde vorgeworfen, Floyd vorsätzlich seiner verfassungsmäßigen Rechte beraubt zu haben.
Neben Chauvin sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt. Sie werden in einem Verfahren in Minneapolis ab August vor Gericht stehen. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen könnten langjährige Haftstrafen drohen.