EVP und Fidesz: "Wollen uns mit etwas anderem beschäftigen"
EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) hat den Umgang der Europäischen Volkspartei (EVP) mit der ungarischen Fidesz einmal mehr verteidigt. Es sei für die konservative Parteienfamilie Zeit gewesen, eine Entscheidung zu treffen, und diese sei eine „Suspendierung ohne Zeitlimit“, betonte Hahn in der ORF-„Pressestunde“.
Hintergrund der EVP-Entscheidung am Mittwoch ist Viktor Orbans Weg zu einer "illiberalen Demokratie" und vor allem eine aktuelle, polemische – und inzwischen gestoppte – Plakatkampagne unter anderem gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. In einer stundenlangen Sitzung befand fast die gesamte EVP-Spitze, dass Orban einlenken müsse.
In sechs Monaten will die EVP sich nun ein Urteil gebildet haben, ob man die Orban-Partei Fidesz ausschließen wird. Angesprochen darauf, ob dieser Aufschub nur ein wahltaktisches Manöver wegen der nahenden EU-Wahlen sei, sagte Hahn: „Es ist richtig, dass wir uns in der Wahlbewegung mit etwas anderem beschäftigen wollen.“ Weder die EU noch die EVP habe etwas davon, wenn man eine „Eingeweideschau“ betreibe.
Zugleich verteidigte Hahn die Entscheidung für ein Einfrieren der Fidesz-Mitgliedschaft und auch die Besetzung eines sogenannten Weisenrats mit Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) Ex-EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und dem ehemaligen EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering. Dieses Triumvirat wird die ungarische Partei in den kommenden Monaten überprüfen. „Abgesehen von der Gender-Balance“ attestierte Hahn dem Weisenrat „eine sehr ausgewogenene Besetzung“.
"Nichts ist wurscht"
Befragt zu den jüngsten Brexit-Volten und britischen Medienberichten über einen bevorstehenden Putsch gegen Premierministerin Theresa May durch Minister ihrer eigenen Regierung räumte Hahn ein, diese Entwicklung könne Einfluss auf den weiteren Verlauf des Brexits haben. „Wurscht ist leider nichts“, sagte Hahn auf eine entsprechende Frage.
Aber auch etwas ändern würde, beantwortete Hahn am Sonntag in der "Pressestunde" des ORF-Fernsehens mit einem "Nein".
Hahn wiederholte den Fahrplan aus EU-Sicht: Sollte das britische Unterhaus den vorliegenden Deal zwischen London und Brüssel am 12. April unterstützen, gebe es einen weiteren Aufschub bis 22. Mai. Ein solcher könne außerdem nur dann gewährt werden, wenn das Unterhaus den Deal zwar ablehnt, die britische Regierung der EU aber glaubhafte neue Hinweise auf eine Lösung bis 22. Mai gebe.
Britische Verantwortung
Ein Wechsel des Premierministers in London würde laut Hahn aber nichts ändern. Auch mit einem etwaigen anderen britischen Regierungschef werde es keine dritte Brexit-Frist mehr geben, sagte Hahn. Die Versäumnisse, die zu der verfahrenen Situation geführt hätten, „liegen ausschließlich aufseiten der britischen Regierung“.
Wetten, wie wahrscheinlich ein ungeregelter, also harter Brexit mittlerweile geworden sei, wollte der Regional- und Erweiterungskommissar keine abschließen.
Auch zur Frage, wie es mit der EU insgesamt und vor allem außenpolitisch weiter gehen solle, nahm Hahn ausführlich Stellung. Großer Hemmschuh ist aus Sicht des Kommissars die nötige Einstimmigkeit im EU-Rat in der Außenpolitik sowie auch in Erweiterungsfragen.
"Wir haben da Defizite", räumte Hahn in der Frage ein, wie besser sichergestellt werden kann, dass EU-Mitglieder die Spielregeln der EU auch einhalten, und wie mutmaßliche Vertragsverstöße verfolgt werden.