Politik/Ausland

EU-Parlamentarier drängen auf Vorgehen gegen Google

90 Prozent aller Suchanfragen im Internet laufen über Google – und das verschafft dem US-Konzern nicht nur Milliarden an Werbeeinnahmen über bezahlte Suchergebnisse, sondern auch eine Schlüsselrolle in der digitalen Medienwelt.

Da der Weg zu online-Medien weltweit immer öfter über Google führt, kann die Suchmaschine den Leser nach Belieben zu einer Seite steuern – oder eben nicht. Vor allem aber kann sich die Suchmaschine dieser Inhalte bedienen, ohne sich um das Urheberrecht kümmern zu müssen. Da die Verlage die Leser, die über Google zu ihnen kommen, brauchen, sitzt der US-Konzern in diesbezüglichen Streitigkeiten am längeren Ast. Selbst der deutsche Medienriese Springer musst in einem Streit mit Google über die Verwendung seiner Inhalte kürzlich zurückrudern und den Zugriff weitgehend wieder freigeben.

Diese Markt- und Machtposition sorgt inzwischen auch in Brüssel für wachsende Skepsis, vorerst ohne konkrete Folgen. Denn die Prüfungen von Googles Marktposition, die die EU-Kommission bereits vor mehreren Jahren aufgenommen hat, kommen nur äußerst schleppend voran. Die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die angekündigt hatte, hart gegen das Unternehmen vorzugehen, hat inzwischen um Geduld gebeten: Man brauche mehr Zeit, um das weitere Vorgehen zu prüfen.

Initiative

Verstärkter Druck aber kommt jetzt aus dem EU-Parlament. Eine Initiative des deutschen CDU-Parlamentariers Andreas Schwab und des Spaniers Ramon Tremosa zielt unverkennbar auf eine Zerschlagung des Internet-Riesen hin. So wird – allerdings ohne wörtliche Nennung von Google – gefordert, "Vorschläge zu prüfen, die die Entflechtung von Suchmaschinen von anderen gewerblichen Diensten zum Ziel haben." Die Initiatoren rechnen damit, dass sich im EU-Parlament eine klare Mehrheit für einen – allerdings völlig unverbindlichen – Beschluss auf Basis ihres Entwurfs findet, da sowohl das rechte als auch das linke Lager Googles Vorgehen missbilligen.

"Mehr als eine Willensäußerung", gibt sich der grüne Parlamentarier Michel Reimon gegenüber dem KURIER skeptisch, wäre selbst ein solcher Beschluss nicht. Die Entscheidung liege allein bei der EU-Kommission. Für Reimon wäre eine "demokratiepolitische Debatte" über die Rolle Googles mindestens ebenso wichtig wie eine über dessen Marktdominanz.

Alles hat so gut angefangen. "Don’t be evil" – diesen Slogan wählte die Internet-Suchmaschine aus dem kalifornischen Mountain View zu ihrem Business-Motto. Man wollte nichts Böses tun. Aber Monopole sind per definitionem böse. Wer einen Marktplatz dominiert, missbraucht diesen Vorteil. Google hat in Europa einen Marktanteil von über 90 Prozent. Da kann man die Inhalte fördern, die einem gefallen oder die mehr Werbung bringen. Und auf die Rechte von Autoren muss man auch keine Rücksicht nehmen.

Und das ist nur der Anfang. In einer vernetzten Welt wird ein Internet-Monopol wie Google jede unserer Bewegungen und jede unserer Entscheidungen kontrollieren und beeinflussen, und zwar der realen und in der digitalen Welt. Das ist die logische Konsequenz eines globalen Netzmonopols. Und es gibt noch eine zwingende Logik: Ein Monopolist kontrolliert nicht nur die finanziellen Einnahmen, sondern auch die Inhalte. Wenn Journalismus nichts mehr wert ist, führt das zum Ende der Pressefreiheit. Wenn die Werke von Autoren und Künstlern nichts mehr wert sind, wird es keine mehr geben. Mathias Döpfner, der Chef des deutschen Springer-Verlages, sonst ein furchtloser Mann, hat in einem Brief an Google bekannt: "Ich habe Angst vor Google."

Die europäischen Wettbewerbsbehörden überprüfen jeden Zusammenschluss von zwei mittelgroßen Unternehmen. Aber erst jetzt geht vom EU-Parlament eine Initiative aus, um die Marktmacht von Google zu brechen (siehe hier). Genauso wichtig ist es, dass diese US-Konzerne in Europa endlich auch Steuern zahlen, wie das der deutsche Vizekanzler Gabriel im KURIER am Sonntag deutlich gefordert hat.

Mehr Selbstbewusstsein, liebe Europäer!