Politik/Ausland

Gesucht: Corona-Regeln für alle in der EU

Der Klimawandel, der Brexit und nicht zuletzt die Türkei, die zum Ärger der EU wieder ein Explorationsschiff losschickte – brennende Themen gäbe es genug beim Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs. Doch mehr als alles andere dominierte den derzeitigen Gipfel in Brüssel eine Frage: Wie der Pandemie Einhalt gebieten? Und vor allem: Wie sich endlich auf ein einheitliches Vorgehen einigen?

Kanzler Sebastian Kurz zeigte sich am Donnerstag vor dem Beginn der Gespräche sichtlich unzufrieden: „Wir brauchen einheitliche Regeln, was das Reisen, die Quarantänedauer und das Frei-Testen betrifft“, sagte er. „Es muss auf europäischer Ebene möglich sein, dass wir das zustande bringen.“ Doch Tatsache ist: Wer derzeit in ein anderes EU-Land reisen will, steht vor einem geradezu mittelalterlichen Kleinstaaterei-Chaos: Überall unterschiedliche Vorgaben, wer wie lange mit oder ohne PCR-Test in Selbstisolation gehen muss.

Einer fehlt in der Runde

Nur mit Mühe konnten sich die europäischen Staaten nach einem dreiviertel Jahr Corona-Krise auf eine europäische Coronaampel einigen. Und auch sie habe, so Kurz, „zu wenig Aussagekraft.“ Denn dort scheinen nach den derzeitigen Kriterien schon fast alle europäische Regionen mittlerweile rot auf. Und in nahe ganz Europa spitzt sich die Lage nun weiter dramatisch zu.

Sichtbar wurde dies allein schon in der Gipfelrunde: Ein Teilnehmer fehlte – Polens Premier Mateusz Morawiecki. Er befindet sich in Warschau in Quarantäne, nachdem einer seiner Leibwächter positiv auf das Corona-Virus getestet worden war. Live per Videoschalte dabei sein kann Polens Premier nicht: In der Brüsseler Gipfelrunde bleiben die EU-Staats- und Regierungschefs unter sich. Selbst sie geben ihre Handys ab, damit nichts nach außen dringt.

Dabei hätte sich Morawiecki, der von Tschechiens Premier Andrej Babis vertreten wird, dieses Mal besonders heftigen Diskussionen mit seinen Regierungskollegen stellen müssen. Die Klimadebatte stand Donnerstag Abend auf dem Programm der europäischen Granden. Dabei sind sich alle – bis auf Polen – einig: Europa soll bis 2050 ein klimaneutraler Kontinent sein. Zwar hat Warschau mittlerweile verkündet, dass Polen bis 2049 aus der Kohleförderung aussteigen will. Doch auf dem langen Weg der Klimawende gibt es noch heftige Kontroversen.

Nächste Etappe bis 2030

Die entscheidende Etappe ist nun jene bis zum Jahr 2030: Bis dahin sollen die EU-Staaten 55 Prozent ihres Treibhausgasausstoßes verringern (ausgehend vom Niveau des Jahres 1990): Diese Wegmarke gab die EU-Kommission vor, das EU-Parlament fordert sogar ein Minus von 60 Prozent.

Elf EU-Regierungschefs haben sich nun zusammengetan und fordern ebenfalls eine Senkung von „mindestens 55 Prozent“. Unter ihnen finden sich die „frugalen Freunde “ Österreichs – die Regierungschefs der Niederlande, Dänemark, Schweden und Finnland.

Österreich zieht dabei nicht an vorderster Linie mit. Eine explizite Position, wie hoch die Senkung der Treibhausgase bis 2030 ausfallen soll, gab es von Kanzler Kurz gestern nicht. Er verwies stattdessen auf die „ambitionierten Klimaziele“ Österreichs. Laut türkis-grünem Regierungspakt will ja Österreich bereits 2040 klimaneutral sein. Gleichzeitig aber pochte der Kanzler auf Begleitmaßnahmen, „um den Wirtschaftsstandort Europa abzusichern“.

Die Wissenschaft hat Österreich gerade vorgerechnet, dass bis 2030 ein Minus bei den Treibhausgasen von 57 Prozent notwendig wäre, wenn die Republik die Klimaneutralität bis 2040 tatsächlich erreichen will.

Von der Leyen brach vorzeitig die Zelte ab

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat wegen einem positiven Coronavirus-Fall in ihrem Büro den EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel frühzeitig verlassen müssen. "Ich wurde gerade informiert, dass ein Mitarbeiter meines Büros in der Früh positiv auf Covid-19 getestet wurde. Mein Testergebnis war negativ", schrieb von der Leyen auf Twitter.

Vorsichtshalber verlasse sie jedoch sofort den Europäischen Rat, um sich selbst zu isolieren.