Politik/Ausland

EU-Gipfel am Donnerstag: Ringen um EU-Gaspreisdeckel offen

Bei ihrem voraussichtlich letzten EU-Gipfel im Jahr 2022 am Donnerstag in Brüssel dürften die EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), um einen Gaspreisdeckel ringen. Während etwa Griechenland und Italien eine strenge Obergrenze befürworten, fürchten Österreich und Deutschland um die Versorgungssicherheit. Für Debatten könnte das von Österreich forcierte Thema Migration sorgen - auch weil Bulgarien den blockierten Schengen-Beitritt besprechen will.

Ukraine ganz oben auf der Tagesordnung beim EU-Gipfel

Den Auftakt des eintägigen Treffens (Beginn 9.30 Uhr) macht wie immer ein Austausch mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. Dabei wird wohl der mutmaßliche Korruptionsskandal rund um die ehemalige Vize-Präsidentin des EU-Abgeordnetenhauses, Eva Kaili, thematisiert werden. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen.

Ganz oben auf der Tagesordnung der EU-Staats- und Regierungschefs ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine vorgesehen. "Die Ukraine steht wie immer im Mittelpunkt unserer Besorgnis", erklärte EU-Ratschef Charles Michel in seinem Einladungsschreiben. Millionen Zivilisten seien in dem Land aufgrund der wiederholten russischen Angriffe auf kritische Infrastruktur ohne Strom, Heizung und fließendes Wasser. Michel will eine Debatte über humanitäre Hilfe sowie über "die Nachhaltigkeit unserer militärischen und finanziellen Unterstützung für die Ukraine" führen.

Einigung der EU-Staaten über Gaspreisdeckel möglich

Ebenfalls wieder auf der Agenda der EU-Staats- und Regierungschefs sind infolge des Ukraine-Kriegs besonders gestiegenen Energiepreise. "Dieses Jahr hat unsere Energielandschaft radikal verändert und macht deutlicher denn je, dass wir gemeinsam handeln müssen", so Michel. Eine der "wichtigsten Meilensteine" 2023 werde die Strommarktreform, sobald die EU-Kommission dazu einen Vorschlag bringe. Österreich hat in den vergangene Monaten mehrmals darauf gepocht.

Die EU-Staaten könnten im Zuge dieser Debatte versuchen, eine Einigung über einen Gaspreisdeckel zu erzielen. Stundenlange Verhandlungen der EU-Energieminister gingen am Dienstag ohne Ergebnis zu Ende. Die EU-Kommission hatte unter dem Druck einer Vielzahl von Staaten vorgeschlagen, unter bestimmten Umständen den Preis für Gas, das am Großhandelsplatz TTF verkauft wird, bei 275 Euro pro Megawattstunde zu deckeln.

Bulgarien will bei Eu-Gipfel Schengen-Veto ansprechen

Kanzler Nehammer bestand darauf, Migration zum Thema beim Gipfel zu machen. Zuletzt sorgte Österreich für einen Eklat, nachdem es aufgrund der hohen Asylzahlen hierzulande den Beitritt Bulgariens und Rumäniens in den grenzkontrollfreien Schengen-Raum blockierte. Es habe heuer mehr als 100.000 illegale Grenzübertritte nach Österreich gegeben, davon seien 75.000 nicht registriert gewesen, argumentierte Nehammer. Das System funktioniere nicht.

Neben Österreich stimmten auch die Niederlande gegen die Beitritte. Bulgarien scheiterte zwar mit dem Versuch, Schengen auf die Tagesordnung des Gipfels zu bringen, will es aber definitiv ansprechen, wie es aus EU-Kreisen lautet.

Transatlantische Beziehungen

Österreich will unterdessen den Druck auf die EU-Kommission in der Bekämpfung der irregulären Migration erhöhen. Der von der Brüsseler Behörde vorgestellte Westbalkan-Aktionsplan sei ein "erster Schritt", so Nehammer. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte zuletzt die Umsetzung eines 5-Punkte-Plans gefordert, der unter anderem eine "Zurückweisungsrichtlinie" vorsieht, mit der Einzelfallprüfungen nicht mehr erforderlich wären.

Schlussendlich sollen noch die transatlantischen Beziehungen im Rahmen des EU-Gipfels besprochen werden. Ein milliardenschweres US-Investitionsprogramm, der sogenannte Inflation Reduction Act, sorgt für Streit zwischen Washington und Brüssel. Die Europäer befürchten durch das US-Gesetz eine Diskriminierung und negative Folgen für die europäische Industrie. Bis Jahresende wird im Rahmen einer transatlantischen Arbeitsgruppe nach Lösungen gesucht.