Gipfel brachte Einigung auf Verteidigungspolitik
Das hat den EU-Granden gerade noch gefehlt. Von Tausenden Demonstranten – einer Allianz von Gewerkschaftern, Bauern, Arbeitslosen und Friedensaktivisten – wurden die Staats- und Regierungschefs mit lauten Sprechchören empfangen: „Schluss mit den Sparprogrammen“, „Mehr Arbeitsplätze“, „Keinen Wettbewerbspakt“ und „Gegen eine Militarisierung der EU“. Schwere Traktoren blockierten die Zufahrt zum Ratsgebäude. Das gesamte Europaviertel war stundenlang gesperrt, Hunderte Polizisten mit Panzerwägen im Einsatz.
Die Proteste machten es der deutschen Kanzlerin Angela Merkel nicht leicht, ihre Anliegen für mehr Wettbewerb durchzusetzen. Gestärkt am Beginn ihrer dritten Amtszeit will sie die EU-Staaten durch Verträge zu Reformen verpflichten. So ein Abkommen würde auch Eingriffe der EU-Kommission in das Sozial- und Pensionssystem bedeuten, gegen die sich manche Länder sowie Gewerkschaften heftig wehren. „Ohne Vertragsänderung wird man ein wirklich funktionsfähiges Europa aber nicht entwickeln können“, sagte Merkel zum Gipfelauftakt.
Frankreich sagt Nein
„Mit uns nicht“, erwiderte Frankreichs Staatspräsident François Hollande. Skeptische Reflexe kommen auch aus Österreich, wo Bundeskanzler Werner Faymann Eingriffe in das Sozialsystem auf keinen Fall zulässt.
So ablehnend die Franzosen gegen eine Vertragsänderung sind, so sehr befürworten sie eine stärkere EU-Verteidigungspolitik – und verlangen einen eigenen Fonds für gemeinsame Einsätze.
Abgesehen von der spezifischen Pariser Interessenslage (die Einsätze in Zentralafrika und Mali sind teuer) geht es der EU um eine gemeinsame Beschaffung von militärischem Gerät und Ausrüstung sowie die gemeinsame Verwendung von Helikoptern, Flugzeugen und Abfangjägern. 1,5 Millionen Männer und Frauen stecken in allen 28 EU-Staaten in Uniformen – und die EU hat es bisher nicht geschafft, die Regierungen zu einer Straffung der Heere oder zu einer Angleichung der Bewaffnung zu bewegen.
Drohnenankauf
Donnerstagabend einigten sich die 28 Staats- und Regierungschefs in vier Bereichen, nämlich bei der Anschaffung von Drohnen, der Luftraumbetankung, der Satelliten-Kommunikation sowie der Cyber-Abwehr enger zu kooperieren.
Briten-Premier David Cameron stellte die Frage, ob die Europäische Union überhaupt über eigene militärische Fähigkeiten verfügen sollte. „Es ist nicht richtig für die Europäische Union, militärische Fähigkeiten, Armeen und Luftwaffe zu haben“, sagte er. „Wir müssen diese Abgrenzung zwischen EU- und nationalen Aufgaben korrekt vorzunehmen.“
Die Atommacht Großbritannien hält eine gemeinsame EU-Verteidigungspolitik nicht für notwendig. Etwas resigniert stellte ein hoher EU-Diplomat trocken fest: "Das ist ein Gipfel der gegenseitigen Blockaden."
Gesetze für Bankenunion
Am Freitag hat der EU-Gipfel das Europaparlament aufgerufen, den einheitlichen Abwicklungsmechanismus im Rahmen der Bankenunion noch vor Ende der derzeitigen Legislaturperiode in der ersten Jahreshälfte 2014 zu beschließen. Die letzte Sitzung des EU-Parlaments findet im April statt, im Mai folgen die Europawahlen.