Ehemaliger Diktatoren-General gewinnt Indonesien-Wahl
Von Johannes Arends
Es war erneut die größte an einem einzigen Tag abgehaltene Wahl der Welt. Mehr als 205 Millionen Wahlberechtigte wählten am Mittwoch auf den vielen indonesischen Inseln einen neuen Präsidenten. Das bisherige Staatsoberhaupt Joko Widodo, von seinem Volk liebevoll Jokowi genannt, durfte nach zehn Jahren im Amt nicht mehr antreten. Die enorme Beliebtheit des 62-Jährigen sorgte dennoch dafür, dass der von ihm unterstützte Kandidat gleich im ersten Wahldurchgang einen deutlichen Sieg einfuhr.
Sein bisheriger Verteidigungsminister, der ehemalige General Prabowo Subianto, holte laut ersten Hochrechnungen fast 60 Prozent der Stimmen, erklärte sich noch am frühen Abend (Ortszeit) zum Wahlsieger. Er wolle ein Präsident für alle Indonesier sein, sagte der 72-Jährige. Ein endgültiges Ergebnis ist in dem Vielvölkerstaat mit seinen 17.000 Inseln aufgrund logistischer Hürden erst für Ende März zu erwarten.
Die Schatten der Vergangenheit: Prabowo war einst oberster General des Diktators Suharto
Doch der neue Präsident ist ein vor allem im Ausland höchst umstrittener Mann. Nicht nur, dass seine Frau die Tochter des ehemaligen Diktators Suharto ist, der Indonesien zwischen 1967 und 1998 mit eiserner Hand regierte – Prabowo selbst war in dieser Zeit einer der mächtigsten Militärführer des Landes und dabei mutmaßlich auch an der brutalen Verfolgung politischer Gegner federführend beteiligt.
Seither war er bereits zweimal als Präsidentschaftskandidat angetreten, hatte aber sowohl 2014 als auch 2019 gegen Jokowi verloren. Dass er diesmal gewinnen konnte, liegt auch daran, dass sich Prabowo inzwischen mit dem beliebtesten Politiker des Landes arrangieren konnte.
So trat der Sohn des scheidenden Präsidenten Jokowi, der 36-jährige Gibran Rakabuming Raka, an der Seite Prabowos an – und wird nun Vizepräsident. Damit das möglich wurde, ließ Jokowi vor sechs Monaten kurzerhand die Verfassung ändern, das Mindestalter für Präsident und Vizepräsident lag zuvor bei 40 Jahren.
Katzenvideos auf Tiktok
Der Schritt stellte sich für beide als voller Erfolg heraus. Auf Plakaten waren stets beide Kandidaten gemeinsam zu sehen, daneben fuhren sie eine aufwendige Kampagne in den sozialen Medien. Vor allem auf Tiktok inszenierte sich Ex-General Prabowo als „Opa von nebenan“, tanzte und trat oft an der Seite seines Katers „Bobby Kertanegara“ auf.
Vor der Wahl erhielt die Kampagne der beiden durch den Dokumentationsfilm „Dirty Vote“ einen Dämpfer. Darin warf ein Investigativjournalist Jokowi vor, die Kandidatur seines Sohnes mit staatlichen Mitteln zu fördern. Trotz millionenfacher Klicks änderte der Film am Wahlausgang nichts – doch gegen die Produzenten wird ermittelt. Johannes Arends