Die Insel bebt, die Monarchin schweigt
Von Susanne Bobek
Die Schotten mögen keinen Brexit. Zufall oder nicht – am Sonntag verlieh die Königin des Vereinten Königreichs Großbritannien und Nordirland ihrem jüngsten Sohn Edward zum 55. Geburtstag den aus dem 17. Jahrhundert stammenden, rein schottischen Titel eines Grafen von Fogar. Edward ist damit seit 300 Jahren der erste Royal, der diesen Titel tragen darf.
Es sind nur kleine Zeichen, die die 92-jährige Monarchin setzt. Doch Vieles deutet darauf hin, dass die Königin anders als die Parlamentsmehrheit den Brexit-Deal von Theresa May oder gar ein Verbleiben in der EU befürwortet.
Aber das darf sie so nicht sagen. Seit 1688 ist England eine konstitutionelle Monarchie, das heißt, die Rechte der Monarchen sind von der Verfassung eingeschränkt. Die politische Macht hat das demokratisch gewählte Parlament, die Queen muss in allen Fragen neutral sein. Trotzdem ist der Einfluss Queen Elizabeths nicht zu unterschätzen. Die Premierminister müssen ihr jede Woche berichten. Diese meist einstündigen Gespräche sind geheim, nichts gelangt an die Öffentlichkeit, doch die seit 1952 längstdienende Monarchin der Welt ist bestens informiert.
Wie eine starke Mutter
Der britische Politologe Anthony Glees forderte jetzt ein Machtwort von Elizabeth II. „Sie sollte sagen: Wir müssen so lange in der EU bleiben, bis wir einen vernünftigen Brexit hinbekommen.“ Ein Wort der Queen würde, „wie eine starke Mutter zu einem unartigen Kind“, Ordnung in die Sache bringen.
In ihrer Weihnachtsansprache hat es die Queen recht sanft versucht und die völlig zerstrittenen Abgeordneten zu mehr Respekt trotz großer Differenzen aufgerufen. Im Jänner noch einmal: „Wenn wir in der heutigen Zeit nach neuen Antworten suchen, bevorzuge ich die bewährten Rezepte wie: gut übereinander sprechen, verschiedene Sichtweisen respektieren, zusammenkommen, Gemeinsamkeiten erkunden und niemals das große Bild aus den Augen verlieren.“ Auch das werteten die Kommentatoren als Anspielung auf die Brexit-Turbulenzen.
Der Anti-Brexit-Hut
Auch mit ihrer Kleidung setzt die Queen Zeichen: Als Donald Trump am 12. Juli 2018 in London landete, hatte die Queen einen anderen Termin. Sie traf zwei Geistliche und trug dabei eine Vintage-Brosche, die ihr Barack Obama geschenkt hatte. Als sie Trump am nächsten Tag eine halbe Stunde vor Schloss Windsor warten ließ, trug sie eine Diamantbrosche, die die Queen Mum beim Begräbnis von König George VI. getragen hatte. Die Brosche ist als Trauerbrosche „Three Queens in Mourning“ bekannt.
Und als deutlichstes Zeichen gilt der „Anti-Brexit-Hut“ der Queen, den sie ein Jahr nach der Brexit-Abstimmung im Juni 2017 bei der Verlesung des Regierungsprogramms aufhatte. Aus „Termingründen“ trug sie die Krone erstmals seit 1974 nicht. Der blaue Hut mit gelben Blumen erinnerte eindeutig an die europäische Flagge mit den im Kreis angeordneten gelben Sternen.