Das Aus für Benjamin Netanjahu
Bis zuletzt war verhandelt worden, doch nun scheint das Ende des israelischen Langzeitpremiers Benjamin Netanjahu besiegelt. Mehr als zwei Monate nach der vierten Parlamentswahl binnen zwei Jahren hat der bisherige Oppositionsführer Yair Lapid ein Bündnis von insgesamt acht Parteien geschmiedet.
Der sogenannte Anti-Netanjahu-Block ist eine breite Allianz aus rechtskonservativen, moderaten sowie linken Parteien und ideologisch sehr unterschiedlich aufgestellt – dementsprechend schwierig gestalteten sich die Verhandlungen. Doch wie es scheint. hat der Argwohn gegenüber Netanjahus Korruptionsanklagen obsiegt.
Der Vorsitzende der arabischen Raam-Partei, Mansour Abbas, habe kurz vor Ablauf einer Frist eine Koalitionsvereinbarung mit Lapids Zukunftspartei unterzeichnet.
Mit Vereidigung einer solchen Regierung im Parlament wäre die Ära von Netanyahu als Ministerpräsident vorerst beendet. Als voraussichtlicher Termin gilt der 14. Juni. Vor der Vereidigung muss eine einfache Mehrheit der 120 Abgeordneten für die Regierung stimmen.
Teil von Lapids Koalition wird nach Medienberichten auch die rechte Yamina-Partei von Naftali Bennett, der nach der Wahl am 23. März als Zünglein an der Waage galt. Nach Medienberichten einigten sich beide auf eine Rotation im Amt des Regierungschefs. Ex-Verteidigungsminister Bennett soll demnach als erster für zwei Jahre Ministerpräsident werden, Lapid soll ihn anschließend ablösen.
Lapid will zunächst das Amt des Außenministers übernehmen. Seine Zukunftspartei ist in der politischen Mitte angesiedelt. Sie war bei der Wahl im März zweitstärkste Kraft nach dem rechtskonservativem Likud von Netanyahu geworden. Lapid war nach einer Karriere als Fernsehmoderator in die Politik eingestiegen. In einer früheren Netanyahu-Regierung diente er als Finanzminister.
Netanyahu war bereits von 1996 bis 1999 Ministerpräsident und danach seit 2009 durchgängig im Amt. Damit war er Israels am längsten amtierender Regierungschef.
Lapid stützt sich auf ein Bündnis seiner Zukunftspartei mit sieben kleinen Parteien aus allen Bereichen des politischen Spektrums. Sie eint vor allem die Ablehnung Netanyahus, eines Ministerpräsidenten unter Korruptionsanklage. Ihre politischen Ziele klaffen jedoch weit auseinander.
Bennett, der mit einem Internet-Start-up zum Millionär wurde, steht für national-religiöse Politik, seine Partei gilt als siedlerfreundlich. Die Koalitionspartner Meretz, die Arbeiterpartei sowie die arabische Partei Raam sind für die Gründung eines unabhängigen Palästinenserstaates. Dies könnte die Arbeit der Lapid-Koalition erschweren.
Anfang Mai hatten sich 56 Abgeordnete dafür ausgesprochen, Lapid mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Yamina gewann sieben Knesset-Sitze bei der vergangenen Wahl.
Israel verharrte zuletzt in einer politischen Dauerkrise. Die vierte Parlamentswahl binnen zwei Jahren hatte Ende März erneut keine klaren Mehrheitsverhältnisse ergeben. Rivlin hatte am 5. Mai Lapid mit der Regierungsbildung beauftragt, Netanyahu war zuvor daran gescheitert. Die Frist für Lapid wäre am Mittwochmitternacht abgelaufen.