Politik/Ausland

Nach Attentat in Solingen: Scholz will mit Opposition über Konsequenzen sprechen

 

Nach der Messerattacke in der deutschen Stadt Solingen hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Gespräche mit den Ländern und der oppositionellen Union über die Konsequenzen angekündigt. Innenministerin Nancy Faeser werde "sehr zügig jeweils einen Vertreter des Vorsitzes und Co-Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz, Vertreter der größten Oppositionspartei und involvierte Bundesressorts zu vertraulichen und zielgerichteten Gesprächen über diese Frage einladen", so Scholz.

Bei den Gesprächen solle es um die Rückführung abgelehnter Asylwerber in ihre Herkunftsländer, die Bekämpfung des islamistischen Terrors und das Waffenrecht gehen, sagte Scholz am Mittwoch nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer in Berlin. Dabei sollten auch Vorschläge von Ländern und Union (CDU/CSU) berücksichtigt werden.

Obwohl die Zahl der Abschiebungen im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel zugenommen habe, sei das längst noch nicht genug, betonte der Kanzler. "Deshalb wird die Bundesregierung ihre Bemühungen fortsetzen, die irreguläre Migration weiter zu begrenzen. Dazu gehören auch neue gesetzliche Maßnahmen, die wir in der Bundesregierung seit dem Wochenende intensiv miteinander abstimmen. Dazu zählen insbesondere Verschärfung des Waffenrechts, Maßnahmen gegen gewaltbereiten Islamismus und aufenthaltsrechtliche Maßnahmen, vor allem, um Rückführungen noch weiter zu erleichtern."

Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) hatte Scholz am Dienstag eine Zusammenarbeit bei der Neuausrichtung der Migrationspolitik angeboten. Er hatte die Einsetzung von Beauftragten von Regierung und Union angeregt - aber ohne die Länder. Für die CDU/CSU-Fraktion will Merz den Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) in die Runde schicken.

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"Es ist ein gutes Signal, wenn die größte Oppositionspartei eine Zusammenarbeit anbietet", sagte Scholz zum Angebot von Merz. Es müsse auch aufgeklärt werden, wieso der mutmaßliche Attentäter von Solingen noch in Deutschland gewesen sei, obwohl er längst nach Bulgarien hätte abgeschoben werden müssen

FDP für Verschärfung, Grüne kritisieren

Die mitregierende FDP haben sich offen für die von Merz geforderten Verschärfungen des Asylrechts gezeigt. Der Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, begrüßte den Vorstoß von Oppositionsführer Merz gegenüber den Funke-Zeitungen vom Mittwoch. "Wir wollen aber noch weitergehen und ausreisepflichtigen Dublin-Flüchtlingen die Sozialleistungen entziehen", sagte Dürr.

Merz hatte nach dem Treffen mit Scholz erklärt, er wolle bereits in der nächsten Sitzungswoche des Bundestags ab dem 9. September fraktionsübergreifend Gesetzesänderungen in die Wege leiten. Er setze dabei auf ein gemeinsames Vorgehen "mit den Teilen der Koalition, die guten Willens sind".

Wirtschaftsminister Robert Habeck von den ebenfalls, wie die FDP, mit Scholz' Sozialdemokraten regierenden Grünen sagte in einem am Mittwoch verbreiteten Video, nach dem Anschlag von Solingen müssten Sicherheit und Schutz der Menschen erhöht werden: "Unsere Freiheit wird von außen wie von innen angegriffen und wir müssen daraus Konsequenzen ziehen." Habeck sprach sich zudem für eine Verschärfung des Waffenrechts aus. Messer, Hieb- oder Stichwaffen sollten in den Innenstädten verboten werden.

Bei Abschiebungen klafften "eklatante" Lücken zwischen jenen, die rechtlich das Land verlassen müssten und jenen, die das Land tatsächlich verlassen. "Recht aber kann nicht so einfach ignoriert werden, sonst wird das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates zerstört." Die Regierungskoalition habe bereits im Februar eine Reihe von gesetzlichen Änderungen beschlossen, damit Abschiebungen auch vollzogen werden. "Wir haben aber offenbar ein Rechtsdurchsetzungsproblem. Die staatlichen Ebenen müssen hier besser werden und besser zusammenarbeiten."

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irena Mihalic, kritisierte in der Bild-Zeitung wiederum, dass Merz politisch "zündelt", statt Verantwortung zu übernehmen. "Er operiert mit dem Begriff 'Notlage' und spricht damit gewissermaßen ein Misstrauensvotum gegen unseren demokratischen Rechtsstaat aus, statt ihn gegen seine Feinde zu verteidigen."

SPD-Chefin Saskia Esken hatte im rbb-Inforadio vor dem Hintergrund des Treffens Scholz-Merz noch eine Zusammenarbeit mit der Union in der Migrationspolitik vorbei an den Ampel-Partnern abgelehnt. "Natürlich werden wir nicht an Grünen und FDP, unseren Koalitionspartnern, vorbei so eine Zusammenarbeit machen", betonte Esken. Es sei aber wichtig, dass der Regierungschef sich "in so schwierigen Situationen und mit so schwerwiegenden Themen" mit dem Unionsfraktionschef unterhalte und auch darüber nachdenke, "wie man gegebenenfalls zusammenarbeiten könnte", sagte Esken.