Politik/Ausland

Missglücktes Kinderporno-Gesetz: Unschuldige Lehrer und Eltern landeten vor Gericht

Eine 13-Jährige schickt ihrem ein Jahr älteren Freund ein Nacktvideo, der verbreitet es unter den Mitschülern. Die Lehrerin des Mädchens will helfen, lässt sich das Video schicken, um die Eltern zu informieren – und landet vor Gericht. Wie kann das sein?

Der Fall klingt paradox, hat sich aber im deutschen Westerwald tatsächlich zugetragen. Und er ist nicht der einzige in Deutschland, bei dem Hinweisgeber oder Personen, die völlig unbeteiligt sind, wegen Kinderpornografie vor dem Richter landeten.

Gesetzesänderung ist das Problem

Grund dafür ist eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2021: Damals wurde die Mindestfreiheitsstrafe für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie auf ein Jahr angehoben. Das ist eine wichtige juristische Grenze – unter einem Jahr Strafe spricht man von einem Vergehen, darüber ist es ein Verbrechen. Bei einem Vergehen können Polizei und Gericht die Ermittlungen problemlos einstellen, wenn klar wird, dass die belangte Person aus guter Absicht gehandelt hat. Bei einem Verbrechen geht das nicht, was die Behörden vor ein Dilemma stellt: Sie müssen ermitteln und den Fall vor Gericht bringen - selbst wenn klar ist, dass die Person unschuldig ist.

Die deutschen Gerichte weisen auf dieses Problem schon länger hin. "Es häufen sich die Beispiele von Lehrern und Eltern, die etwa in Klassenchats auf Fälle von Kinderpornografie aufmerksam geworden sind und die Schulleitung oder andere Eltern in bester Absicht darauf hinweisen wollten", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. Betroffen waren auch Eltern, die Nacktbilder auf den Handys ihrer Kinder fanden und an die Eltern der anderen involvierten Minderjährigen weiterleiteten – ebenso wie Personen, deren Accounts gehackt wurden.

Mindeststrafmaß wird gesenkt, Höchststrafe bleibt

Weil das nicht nur für die Betroffenen höchst unangenehm ist, sondern auch massiv Ressourcen verschlingt – für die Verfolgung echter Straftäter fehlt das Personal -, ändert das Justizministerium darum nun das missglückte Gesetz. Die Höchststrafmaß von zehn Jahren für besonders schwere Fälle aus dem Gesetz von 2021 bleibt erhalten, aber die Mindeststrafe wird auf sechs Monate gesenkt, sodass derartige Fälle künftig nicht mehr vor dem Richter landen müssen. 

Für den Fall der Lehrerin aus Westerwald kommt die Novelle aber zu spät. Sie musste zittern, bis ihr Fall vor Gericht verhandelt wurde. Das Amtsgericht sah allerdings keine Schuld bei ihr -  und ließ die Anklage nicht mehr zu.