Covid-Fall in Delegation: Schallenberg verschiebt Griechenland-Reise
Von Andreas Schwarz
„Wir sind gegenüber der Türkei an einem Wendepunkt angelangt. Wir müssen uns als Europäische Union dringend überlegen, wie wir langfristig mit der Türkei umgehen. Klar ist aber jedenfalls, dass die kein Partner Europas ist.“ – „Kein Partner Europas“, das ist noch einmal eine Verschärfung im ohnedies rauen Ton zwischen Österreich und der Türkei, nun angeschlagen von Außenminister Alexander Schallenberg am Tag vor seiner eigentlich für Donnerstag und Freitag geplante Reise nach Griechenland und Zypern.
Eigentlich deshalb, weil sie im letzten Moment abgesagt werden musste: Ein Mitarbeiter, der Mitglied der Delegation gewesen wäre, wurde im Zuge einer routinemäßig durchgeführten Testung vor der Reise positiv auf SARS-CoV-2 getetet. Er hat keine Symptome und befindet sich in Heimquarantäne, aber als Vorsichtsmaßnahme wurde die Reise auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Minister Schallenberg wurde ebenfalls getestet, sein Test fiel wie der aller anderen Mitarbeiter und vorgesehenen Mitreisenden negativ aus.
Hauptgrund der Reise wäre nicht Moria und die Flüchtlingskrise auf den griechischen Inseln gewesen, sondern der Gasstreit im östlichen Mittelmeer und das türkische Muskelspiel. Es geht um Gasvorkommen vor Zypern und türkische Erdgaserkundungen dort, verbunden mit zuletzt militärischen Übungen. Athen und Nikosia sind der Ansicht, dass die Bohrungen in ihren Seegebieten erfolgen und damit illegal sind. Die Türkei weist das zurück und besteht darauf, dass die Gewässer, in denen sie nach Erdgas sucht, zu ihrem Festlandsockel gehören.
„Illegale Bohrungen“
Österreich hat sich, wie Frankreich, in dem Konflikt klar hinter Griechenland und Zypern gestellt (Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte jüngst beim Gipfel einiger Mittelmeer-Anrainer das Verhalten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als „inakzeptabel“ bezeichnet und die französische Militärpräsenz im östlichen Mittelmeer erhöht).
„Die türkischen Bohrungen sind illegal und verstoßen gegen das Völkerrecht“, sagte nun Schallenberg, der die Türkei aufforderte, die „ständigen unhaltbaren Provokationen im Mittelmeer zu unterlassen“.
Schallenberg drängte am Mittwoh auf eine „geeinte Stimme und Sprache der EU“ gegenüber der Türkei. Deutschland ist vorsichtiger und setzt auf Gespräche mit Erdoğan. Ob es zu Sanktionen gegenüber Ankara beim außertourlichen EU-Gipfel kommende Woche kommen wird, ist offen. EU-Europa fürchtet, dass Erdoğan als Revanche die „Flüchtlingskarte“ spielen und wie im Februar einige der mehr als 3 Millionen Flüchtlinge in der Türkei an die griechische Grenze schicken könnte.
Der Ton zwischen Österreich und der Türkei hat sich schon über Jahre verschärft, in den vergangenen Wochen hatte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu Bundeskanzler Sebastian Kurz als "die eigentliche große Bedrohung für die EU und deren Werte" bezeichnet, nachdem Kurz die EU aufgerufen hatte, sich von P"äsident Erdogan nicht erpressen zu lassen. Schallenberg sagte in einer Replik auf Cavusoglu: "Die Türkei entfernt sich von Europa."