Singapur: Österreichs Vorbild erlebt zweite Corona-Welle
Von Susanne Bobek
Lange galt Singapur als Vorbild in der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie. Nur wenige Menschen steckten sich an. Alle Schulen und Geschäfte blieben offen, es gab keinen Shutdown. Doch jetzt dreht sich die Lage komplett in der 5,5-Millionen-Einwohner-Metropole.
Ministerpräsident Lee Hsien Loong verordnet den kompletten Stillstand. Alle Unternehmen müssen auf Homeoffice umstellen, Schulen und Geschäfte werden geschlossen. Nur Lebensmittelbetriebe, Supermärkte, Banken und Kliniken bleiben geöffnet. Die Busse fahren weiter. Aber die Bewohner sind aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
Dabei liegt die Zahl der Infektionen erst bei 1375. Doch sie steigt rasant und verdoppelt sich immer schneller.
In Singapur glaubte man sich seit der ersten SARS-Krise gut vorbereitet. Man setzte auf testen, nachverfolgen, ein sofortiges Schließen der Grenzen und auch auf digitale Überwachung wie Handy-Tracking.
Zunächst mit Erfolg. Ende Februar gab es gerade 100 Infektionen und das, obwohl Geschäfte und Dienstleister weiter geöffnet waren.
Unvorsichtig
Doch die lückenlose Nachverfolgung der Infektionswege stößt jetzt an ihre Grenzen. Offenbar waren die Menschen unvorsichtig geworden. Ein Reporter berichtet in der „Süddeutschen Zeitung“, dass immer noch viele beim Einkaufen ihre Köpfe über Wühltischen zusammensteckten.
Engländer und Amerikaner
Ein in Singapur lebender Österreicher schreibt: "Es ging lange gut bei uns mit wenig Einschränkungen, aber leider haben zu viele, vor allem Engländer und Amerikaner Mitte März Singapur für einen Heimaturlaub verlassen. Die kamen fast alle mit dem Virus zurück."
Premierminister Lee wirbt nun auch für Mundschutz: „Eine Maske zu tragen, könnte helfen, andere zu schützen, falls Sie das Virus haben, aber nichts davon wissen“, sagte er. Ab Sonntag werde die Regierung wiederverwendbare Mundschutze an alle Haushalte verteilen.
Um die Epidemie weiter abzuschwächen, wurden fast 20.000 ausländische Arbeitskräfte in zwei Wohnheimen unter Quarantäne gestellt. Sie dürfen die Unterkünfte 14 Tage lang nicht verlassen. In den beiden Wohnheimen sind bislang insgesamt mehr als 90 Covid-19-Infektionen festgestellt worden.