Pro-Palästina-Demo: Kontroverse Harvard-Präsidentin Claudine Gay tritt zurück
Von Lukas Bergmann
Die erst im Juli 2023 ins Amt gekommene, nun ehemalige, Harvard-Präsidentin war die erste Schwarze und zweite Frau überhaupt an der Spitze der Elite-Universität. Nach einer Reihe von Skandalen ist nun Schluss: Claudine Gay hat am Dienstag (Ortszeit) ihren Rücktritt angekündigt. Es ist das Ende einer kurzen und turbulenten Karriere.
Der Anfang vom Ende
Der Stein des Anstoßes waren die Pro-Palästina-Demonstrationen der Studenten an den Universitäten des Landes. Die durch den Krieg zwischen Israel und der Hamas ausgebrochenen Proteste hatten eine Anhörung im US–Kongress zur Folge.
Dort haben Anfang Dezember Gay und ihre Amtskolleginnen von der University of Pennsylvania, Liz Magill, und dem Massachusetts Institute of Technology, Sally Kornbluth, die „Meinungsfreiheit verteidigt“ und eine generelle Verurteilung der Proteste als antisemitisch abgelehnt. Man müsse sich die Vorgänge bei den Protesten von „Fall zu Fall“ ansehen, sagten sie aus.
Antisemitismus- und Plagiatsvorwürfe
Die Reaktionen darauf fielen überwiegend negativ aus. Mehr als 70 Kongressmitglieder, der Großteil davon waren Republikaner, forderten in einem offenen Brief den Rücktritt der drei Uni-Präsidentinnen. Magill ist Tage darauf zurückgetreten. Zu diesem Zeitpunkt stand Harvard noch voll hinter Gay, genauso wie bei Kornbluth von der MIT, die bis heute noch Präsidentin der Universität ist.
Dann haben sich weitere Anschuldigungen dazu gemischt: Ihre wissenschaftlichen Arbeiten sollen zum Teil Plagiate sein. Ein unabhängiges Gremium hat ihr dann zwar Fehler in der Zitierweise und bei der Angabe von Quellen nachgewiesen, jedoch keine schwerwiegenden Verstöße – wobei Gays Dissertation nicht überprüft wurde. In dieser sollen konservative Politiker und Persönlichkeiten Unregelmäßigkeiten entdeckt haben, so die Vorwürfe.
Die kürzeste Amstzeit in der Geschichte
Gay wurde auch vorgeworfen, dass ihre Bestellung als Präsidentin nur aufgrund ihrer Hautfarbe zustande gekommen sei und auch deswegen Fehler in ihrer Arbeit absichtlich nicht bewertet worden seien. Die Unterstützung bei den Mitarbeitern der Universität ist so in den letzten Wochen kleiner geworden. Nun hat sie sich dem wachsenden Druck von konservativer Seite und den Geldgebern der Universität gebeugt und legte ihr Amt nieder.
➤ Leitartikel: Das andere Gesicht des Antisemitismus
In ihrem Resignationsbrief schrieb sie, es schmerze sie, „dass mein Einsatz und meine akademische Präzision in Frage gestellt wird“. Neben dem Verlust ihrer Integrität beklagt Gay auch rassistische Anfeindungen. Wer ihre Position übernehmen soll, ist noch nicht geklärt.
Gays Amtszeit ist mit diesem Rücktritt die kürzeste in der Geschichte der prestigeträchtigen Universität.