Politik/Ausland

Brexit: Merkel knüpft Aufschub an Deal, Macron droht mit Veto

  • Um 15 Uhr hat der EU-Gipfel (bis Freitag) über die Brexit-Verschiebung begonnen
  • Deutsche Kanzlerin knüpft Aufschub an bestimmte Voraussetzungen
  • Französischer Präsident droht mit Veto gegen Verlängerung bis Ende Juni
  • Bundeskanzler Sebastian Kurz geht davon aus, dass EU-Regierungschefs Aufschub ermöglichen werden
  • Präsident Van der Bellen regt zweites Referendum an
  • Über eine Million Briten unterzeichneten Petition für Absage des Brexit

Die Ankündigung der britischen Premierministerin Theresa May, den Austritt ihres Landes aus der EU um drei Monate verschieben zu wollen, führt den Brexit-Poker zwischen Brüssel und London in eine neue Runde. Am heutigen Donnerstag und morgigen Freitag kommen Europas Staats- und Regierungschefs ab 15 Uhr zu einem Gipfel in Brüssel zusammen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat zuletzt gesagt, eine Verschiebung könne aus seiner Sicht von EU-Seite grundsätzlich gewährt werden.

Merkel: Kommt auf britisches Parlament an

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat ein Ja der EU-Staaten zum Aufschub grundsätzlich befürwortet, jedoch an Bedingungen geknüpft. "Diesem Wunsch können wir im Grundsatz entsprechen, wenn wir nächste Woche ein positives Votum vom britischen Parlament zu den Austrittsdokumenten bekommen werden", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Über eine kurze Verlängerung kann man dann sicher positiv reden", so Merkel weiter.

Als zentrales Problem für eine Übereinkunft nannte Merkel erneut die Frage der Grenzregelungen zwischen dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland und der Republik Irland.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron drohte Donnerstagmittag mit einem Veto gegen den Plan Großbritanniens für eine Verlängerung des Brexit bis Ende Juni. Laut Daily Mail vom Donnerstag habe Macron erklärt, er könnte eine EU-Entscheidung blockieren, "wenn das schädlich für die Interessen der EU ist".

Es gebe "keine Garantie", dass der Wunsch der britischen Premierministerin Theresa May nach einer Verschiebung des Austritts vom geplanten 29. März bis Ende Juni auch akzeptiert werde, soll Macron demnach beim EU-Gipfel erklären.

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Labour-Chef will Gespräche führen

Der Vorsitzende der britischen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, ist am Donnerstag nach Brüssel gereist, um mit den EU-Staats- und Regierungschefs über einen "alternativen" Brexit-Plan zu beraten.

Nach Gesprächen mit britischen Abgeordneten aller Parteien halte Corbyn es für möglich, noch vor der EU-Wahl einen Deal über engere wirtschaftliche Beziehungen zu vereinbaren, erklärte er am Donnerstag. "Es ist Zeit, dass Abgeordnete zusammenarbeiten und einen Konsens finden, der durchs Parlament geht." 

Die Labour-Partei lehnt das Vertragspaket hauptsächlich deshalb ab, weil sie die in einer politischen Erklärung angelegten künftigen Beziehungen für nicht eng genug hält.

Kurz schließt weiteren Gipfel nicht aus

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) rechnete im Vorfeld indes mit einem Aufschub. Er gehe davon aus, dass es eine Bereitschaft der EU-Regierungschefs gebe, einen Brexit-Aufschub möglich zu machen, wenn damit ein "harter Brexit" zu verhindern sei, sagte Kurz am Donnerstag vor dem EU-Gipfel in Brüssel. Allerdings solle Großbritannien nicht mehr an den Europawahlen teilnehmen.

Die britische Premierministerin Theresa May müsse dem EU-Gipfel aber ganz genau erklären, wie aus ihrer Sicht doch noch ein Deal zustande kommen könne, so Kurz. "Nur ein zeitlicher Aufschub bedeutet noch nicht, dass wir uns am Ende des Tages auf einen geordneten Austritt einigen können."

Einen weiteren Brexit-Sondergipfel nächste Woche wollte Kurz nicht ausschließen. "Der Brexit wird uns auf jeden Fall die nächsten Wochen noch intensiv beschäftigen." Ein ungeordneter Austritt hätte dramatische Auswirkungen für Großbritannien, aber auch für die Europäische Union.
 

Bundespräsident Alexander Van der Bellen regte am Rande eines Treffens mit dem scheidenden slowakischen Präsidenten Andrej Kiska ein zweites Referendum an. Bei diesem sollten die Briten über einen "Hard Brexit ohne Vertrag oder Remain", also Verbleib in der EU, entscheiden. 

Der Bundespräsident argumentierte: Das britische Parlament habe schon zweimal den von Premierministerin Theresa May ausgehandelten Vertrag abgelehnt. "Was ist nun die Alternative?", fragte er und antwortete gleich selbst: ein Austritt ohne Vereinbarung oder die Beibehaltung des Status quo, also die Mitgliedschaft in der EU.

Petition für Verbleib in EU

Bis zum heutigen Donnerstag unterzeichneten mehr als eine Million Briten eine ans Unterhaus gerichtete Petition, in der gefordert wird, den Brexit abzusagen und in der EU zu bleiben. "Die Regierung behauptet immer wieder, der Austritt aus der EU wäre der 'Wille des Volkes'", heißt es in dem Petitionstext. Dem müsse ein Ende bereitet werden, indem die Stärke der öffentlichen Unterstützung für einen Verbleib deutlich gemacht werde. Das Parlament muss den Inhalt jeder Petition mit mehr als 100.000 Unterzeichnern für eine Debatte berücksichtigen.