Politik/Ausland

Biden hielt kämpferische Rede: Will USA aus "Dunkelheit" führen

Zum Abschluss des Parteitags der US-Demokraten hat Joe Biden die Nominierung als Präsidentschaftskandidat angenommen. Damit ist der 77-Jährige offiziell der Herausforderer des republikanischen Amtsinhabers Donald Trump (74) bei der Wahl am 3. November.

"Mit großer Ehre und Demut nehme ich diese Nominierung für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an", sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in der bisher wichtigsten Rede seiner jahrzehntelangen politischen Karriere.

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"Präsident schürt Flammen des Hasses"

Biden versprach, der Präsident aller Amerikaner zu sein, nicht nur jener, die ihn wählen. "Vereint können und werden wir die Zeit der Dunkelheit in Amerika überwinden", sagte er. Über seinen Konkurrenten Trump sagte er: "Der Präsident übernimmt keine Verantwortung, weigert sich zu führen, gibt anderen die Schuld, schmeichelt sich bei Diktatoren ein und schürt die Flammen des Hasses und der Spaltung."

Nominierungsrede von Joe Biden (nach zirka 2:02 Stunden):

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Der Ex-Vizepräsident trat in seinem Wohnort Wilmington (Delaware) auf. Nach seiner rund 25-minütigen Rede wurde Biden von seiner Frau umarmt und von zahlreichen Demokraten, die auf einer Videowall eingeblendet wurden, akklamiert. Gemeinsam mit seiner Frau ging Biden dann ins Freie und wurde dort von einer Auto-Parade empfangen. Der Parteitag fand wegen der Corona-Pandemie in stark komprimierter Form und weitgehend virtuell statt.

"Ich verspreche Ihnen: Wenn Sie mir die Präsidentschaft anvertrauen, werde ich auf das Beste in uns setzen, nicht das Schlechteste", sagte Biden. "Ich werde ein Verbündeter des Lichts, nicht der Dunkelheit sein."

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Antwort auf "rassistische Ungerechtigkeit"

Biden versprach, das Land nach vier Jahren Trump zu einen, die Coronakrise in den Griff zu bekommen, das Land auf künftige Pandemien vorzubereiten und Millionen Jobs zu schaffen. Zudem will er eine Antwort auf "rassistische Ungerechtigkeit" geben und entschieden gegen die Klimakrise handeln.

"In diesem Wahlkampf geht es nicht nur darum, Wählerstimmen zu gewinnen", sagte Biden genau 75 Tage vor der Präsidentschaftswahl am 3. November. "Es geht darum, Herzen zu gewinnen, und ja, die Seele Amerikas." Er setze auf "Hoffnung statt Angst, Fakten statt Fiktion, Fairness statt Privilegien", betonte der 77-Jährige in der Ansprache in seiner Heimatstadt Wilmington im Bundesstaat Delaware.

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Corona-Strategie

Biden kündigte unter anderem an, bei einem Wahlsieg an seinem ersten Tag im Weißen Haus eine nationale Strategie im Kampf gegen die Corona-Pandemie umzusetzen - mit Schnelltests, einer besseren Ausstattung mit medizinischem Material und einem Plan für eine sichere Wiedereröffnung der Schulen.

Er wolle die Experten von ihrem "Maulkorb" befreien, damit die Öffentlichkeit alle notwendigen Informationen erhalte, sagte Biden. Das Scheitern Trumps, das Land vor dem Virus zu schützen, sei "unverzeihlich". "Er wartet immer noch auf ein Wunder", sagte Biden über den republikanischen Amtsinhaber. "Ich habe Neuigkeiten für ihn: Es wird kein Wunder kommen."

Seit Beginn der Pandemie sind in den USA bereits mehr als 5,5 Millionen Corona-Fälle bestätigt worden, mehr als 174.000 Menschen starben an den Folgen der Infektion. Das sind die mit Abstand höchsten Zahlen weltweit.

Investitionen versprochen

Biden versprach in seiner Rede massive Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz, Verbesserungen des Gesundheitswesens, der Kinderbetreuung und der Altenpflege und eine Stärkung der Gewerkschaften. Immer wieder betonte der langjährige Senator die Bedeutung von Arbeitern und der Mittelschicht für das Land.

Im außenpolitischen Teil seiner Rede versprach Biden, unter ihm als Präsidenten werde die Zeit des "Einschmeichelns bei Diktatoren" vorbei sein. "Ich werde eine Präsident sein, der an der Seite unserer Verbündeten und Freunde steht." Kritiker werfen Trump vor, traditionelle Verbündete wie die EU und Deutschland zu verstoßen und stattdessen die Nähe zu autoritär regierenden Staatschefs zu suchen.

Biden zieht mit der Senatorin Kamala Harris als Vize-Kandidatin in die Wahl - im Falle eines Siegs wäre die 55-Jährige die erste Frau und Schwarze auf dem Vizepräsidentenposten.

Biden, der von 2009 bis 2017 Vize des damaligen Präsidenten Barack Obama war, liegt in landesweiten Umfragen vor Trump. Die Erhebungen haben aber wegen des komplizierten Wahlsystems nur begrenzte Aussagekraft. Der Politiker, der zum moderaten Flügel der Partei gehört, ist bisher gut mit einem zurückhaltenden Wahlkampf gefahren, mit dem er der Pandemie Rechnung getragen hat.

"Joe wird uns zusammenbringen, um der Rassenungerechtigkeit direkt ins Auge zu sehen und sie niederzureißen", hatte Harris am Mittwoch in ihrer sehr persönlichen Rede gesagt, mit der sie ihre Nominierung angenommen hatte. Sie und Biden seien der Überzeugung, eine Gemeinschaft aufbauen zu können, die "stark und anständig, gerecht und freundlich ist. Eine, in der wir uns alle sehen können."

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Demokraten demonstrierten Einheit

Bei dem Parteitag gelang es den Demokraten anders als 2016, Einheit zu demonstrieren. Als besonders wichtig galt dabei der Appell des linken Senators Bernie Sanders an seine Anhänger, Biden zu unterstützen. "Bei dieser Wahl geht es um den Erhalt unserer Demokratie", sagte Sanders zum Auftakt des Parteitags. Er rief die Demokraten auf, zusammenzukommen.

Ursprünglich sollte der Parteitag - normalerweise ein Mega-Event im Wahlkampf, das in die heiße Phase vor der Wahl führt - mit Zehntausenden Delegierten, Gästen und Journalisten in Milwaukee (Wisconsin) stattfinden. Übrig blieb ein zweistündiges Programm pro Abend, das im Fernsehen und digital zu sehen war.

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Politiker und Bürger prangerten Missstände unter Trump an - insbesondere dessen Krisenmanagement in der Corona-Pandemie -, ließen Opfer von Waffengewalt zu Wort kommen und adressierten den Klimawandel. Vielfalt und Einwanderung betonten sie als Stärke. Der Parteitag zielte zudem darauf ab, enttäuschte Trump-Wähler oder Wechselwähler anzusprechen. Auch mehrere Republikaner, die zur Wahl von Biden aufriefen, kamen zu Wort.

Ex-Präsidenten legten sich ins Zeug

Die drei demokratischen Ex-Präsidenten Barack Obama (59), Bill Clinton (74) und der älteste unter ihnen, Jimmy Carter (95) warben für die Wahl von Biden. Obama legte unter den früheren Amtsinhabern den spektakulärsten Auftritt hin: In seiner Rede am Mittwochabend stellte er Trump als Gefahr für die Demokratie dar und warf ihm Versagen und Machtmissbrauch vor. Es war nicht nur eine Abrechnung mit seinem direkten Nachfolger, sondern auch eine düstere Warnung an die Wähler.

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Obamas Stimme hat Gewicht - er ist immer noch einer der beliebtesten Politiker des Landes. Mit seinem scharfen Angriff auf Trump brach er mit einer Tradition, als ehemaliger Präsident den direkten Nachfolger nicht schonungslos anzugreifen und dabei beim Namen zu nennen.

Obamas Ehefrau Michelle hatte am Montag eine leidenschaftliche Rede gehalten, sie sprach über Empathie und Werte und übte dann vernichtende Kritik an Trump. "Donald Trump ist der falsche Präsident für unser Land", sagte sie. "Präsident zu sein ändert nicht, wer du bist. Es offenbart, wer du bist." Biden lobte sie als "zutiefst anständigen Mann", der zuhöre, die Wahrheit sagen und der Wissenschaft vertrauen werde.

Bloomberg kritisiert Trumps Wirtschaftspolitik

Der frühere demokratische Präsidentschaftskandidat Michael Bloomberg hat US-Präsident Donald Trumps Wirtschaftspolitik scharf kritisiert. Beim Parteitag der Demokraten sagte der Multimilliardär am Donnerstagabend (Ortszeit), Trumps verfehlte Wirtschaftspolitik sei eine massive Steuersenkung für Vermögende wie ihn gewesen, die gar kein zusätzliches Geld gebraucht hätten.

Alle anderen Amerikaner habe Trump schlicht belogen, sagte der frühere Bürgermeister von New York. Die Amerikaner sollten bei der Wahl im November nicht in erster Linie über Trumps Charakter abstimmen, sondern über dessen Leistung als Präsident, forderte Bloomberg.

"Ich bitte Sie, nicht gegen Donald Trump zu stimmen, weil er ein schlechter Mensch ist. Ich dränge Sie, gegen ihn zu stimmen, weil er einen schlechten Job gemacht hat", sagte der Demokrat. 

Trump versuchte, abzulenken

Trump, der kommende Woche beim Parteitag der Republikaner erneut zum Präsidentschaftskandidaten nominiert werden soll, bestritt während des Parteitags der Demokraten mehrere Wahlkampfauftritte. Am Donnerstag griff er die Demokraten unweit des Geburtsortes von Biden in Pennsylvania heftig an. Die Demokraten würden bei einem Wahlsieg im November die Wirtschaft ruinieren, die Polizei abschaffen und das Land in Anarchie stürzen, warnte Trump in Old Forge. Sie seien "komplett wahnsinnig", behauptete er. Der Republikaner wiederholte auch seine Warnung, dass die Demokraten die Steuern drastisch erhöhen würden. "Es geht bei dieser Wahl um das Überleben der Nation", sagte Trump.