Politik/Ausland

Bayern: Debakel für CSU und SPD, Grüne im Glück

Markus Söders wahre Stimmungslage lässt sich schwer verorten. Der Mann zeigte im Wahlkampf viele Gesichter: Mal Raubein, dann wieder Landesvater. Gestern musste er den Verlierer mimen. Sonntagabend, kurz nach 18 Uhr, steht er im Saal der CSU-Fraktion im Landtag und wird gleich die Niederlage moderieren.

Mit gesenktem Blick wartet er neben dem Eingang, beißt sich einmal kurz auf die Lippen, um dann schnellen Schrittes auf die Bühne zu gehen. Das Publikum empfängt ihn mit Applaus, auch wenn es eigentlich nichts zu klatschen gibt. „Natürlich ist das kein einfacher Tag, wir haben kein gutes Ergebnis erzielt“, beginnt er. Und setzt dann die Erzählung in Richtung Zukunft fort: Die CSU sei stärkste Partei geworden, man werde eine Regierung bilden, damit das Land stark bleibt.

Zeitenwende in Bayern

Mit dem gestrigen Wahlabend steht jedenfalls eine Zeitenwende an: Die CSU konnte ihre absolute Mehrheit nicht verteidigen, erreichte laut Hochrechnungen um 21.45 Uhr 37,3 Prozent (2013 waren es noch 47,7 Prozent, Anm.), die Grünen fuhren ein Rekordergebnis ein und landeten mit 17,7 Prozent auf Platz zwei. Dahinter kommen die Freien Wähler (11,5 Prozent) sowie die AfD (10,3 Prozent). Fünftstärkste Kraft ist die SPD, die sich auf weniger als zehn Prozent halbierte. Die FDP liegt bei fünf Prozent, zittert um den Einzug.

Fest steht, dass die CSU nicht ohne Partner auskommen wird, was auch ihre Stellung im Bund schwächt. Der Nimbus: CSU = Bayern, der ihr immer ein besonderes Mitspracherecht in Berlin einbrachte, ist gebrochen. Die CSU kann jetzt nur in einer Koalition regieren.

Die Freien Wähler, die sich einst aus ehemaligen CSU-Politikern und Quereinsteigern zu einer Bewegung formierten, stünden zur Verfügung, ließ Spitzenkandidat Hubert Aiwanger gestern wissen. Man sei ein „vernünftiger“ Koalitionspartner und er glaube, die CSU „wird anbeißen.“

Unter CSU-Anhängern ist diese Variante jedenfalls sehr beliebt. Kurzes Aufatmen also im Fraktionssaal, „das geht sich noch aus“, meint ein Abgeordneter mit Blick auf die Prognosen. Inhaltlich sei man sich sehr ähnlich, das würde gut passen, ist er überzeugt.

Und was ist mit Schwarz-Grün? Der Mann im Trachtenanzug zuckt die Schultern: „Jo Mei“, sagt er. Man müsse mit ihnen reden, aber einfach wird es nicht.

Dass die Grünen regieren wollen, ist bekannt. Doch zuletzt ließ man keine Gelegenheit aus, sich vom jeweils anderen abzugrenzen. Markus Söder spottete über das „veraltete Programm“, die Grünen steckten ebenfalls ihre Fronten ab: Mit ihnen gibt es keine „autoritäre und antieuropäische Politik“. Diese in Koalitionsgesprächen zu definieren, könnte für sie zur internen Zerreißprobe werden.

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Vertagter Machtkampf?

Diese steht auch in der CSU an. Zwar verzichteten die Rivalen Markus Söder und Horst Seehofer gestern auf gegenseitige Attacken, doch eine Spitze konnte sich Horst Seehofer bei seinem Auftritt am späten Abend nicht verkneifen: Als er vor fünf Jahren hier stand, sah es besser aus. Zur Erinnerung: Seehofer holte 2013 die absolute Mehrheit zurück. Wie lange der Burgfrieden hält, wird sich zeigen, denn in der Fraktion dürfte es rumoren: Einige Abgeordnete haben ihre Mandate verloren, sie werden Konsequenzen und Debatten einfordern. Dazu könnte es schon am Montag kommen, wenn der Vorstand tagt.

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Die stehen auch bei der SPD auf der Agenda: Die Sozialdemokraten mussten eine herbe Niederlage einstecken. Als die ersten Prognosen verkündet wurden, war es still im Fraktionssaal. Doch im Hintergrund wurden bereits Rücktrittsforderungen an Spitzenkandidatin Natascha Kohnen laut. Sie wollte sich dazu gestern nicht äußern: „Wir werden über alles reden, aber wir werden es dort tun, wo es hingehört.“

Dass die Volksparteien so schlecht aus der Wahl aussteigen, könnte auch die kommenden Wahlen in Hessen beeinflussen. Wenn dort in knapp zwei Wochen gewählt wird, fürchten sowohl SPD als auch CDU, dass die Wahlschlappe die negative Dynamik weiter antreibt. All das wirkt natürlich auch auf die Rolle der jeweiligen Parteien in der Großen Koalition aus, die mit dem gestrigen Tag in schweres Fahrwasser gerät.

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