Politik/Ausland

Afghanischer Widerstandsanführer Massoud: "Unsere Strategie ist reden"

Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan ist mehr als Jahr vergangen. International ist es still geworden um das Land am Hindukusch. Doch, dass man sich damit sowohl in Afghanistan, als auch in der Diaspora nicht zufriedengibt und aufgegeben hat, zeigte die Intra-Afghanistan Konferenz, die übers Wochenende in Wien stattfand.

Die Aufmerksamkeit für die 25 Politiker, Menschenrechtsaktivisten, Wissenschaftler und andere afghanische Persönlichkeiten verschiedener ethnischer Gruppen, die in Wien zusammengekommen waren, war groß. Prominentester Teilnehmer war der führende afghanische Widerstandskämpfer, Ahmad Massoud.  

Österreich als Ort der Begegnung

Die Organisation der Konferenz übernahm das Österreichische Hilfskomitee für Afghanistan, wie der Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch erläuterte. Die Gruppe um Massoud habe sich an die Privatstiftung gewandt, weil man "Österreich als Ort der Begegnung schätzt". Ziel der Konferenz sei es gewesen, "eine Vision und einen Weg zu einem friedlichen Afghanistan zu finden", sagte Massoud. Ein Jahr nach der Machtübernahme der Taliban in seinem Heimatland seien viele Menschen unzufrieden, verwies Massoud auf die humanitären, menschenrechtlichen, wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Sicherheitsprobleme sowie die Unterdrückung von Mädchen und Frauen in Afghanistan. Vielen seien ins Ausland geflüchtet. "Es geht jetzt vor allem auch darum, Errungenschaften zu verlieren. Die Rechte von Minderheiten und Frauen sind unser größtes Problem", erklärte Aktivistin Aliya Yilmaz.

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 "Zusammenhalt und Kooperation der verschiedenen Gruppen" seien entscheidend, betonte Massoud. Er wolle "die Taliban an den Verhandlungstisch bringen, um eine legitime Regierung zu bekommen". Dazu zählen die Oppositionellen auf Druck aus der afghanischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft. Afghanistan brauche die Aufmerksamkeit der Welt, sagte Massoud. Massoud ergänzte, keine militärische Hilfe zu erbitten. "Afghanistan braucht keine militärische Lösung. Afghanistan benötigt eine politische Lösung." Wie das konkret gelingen solle, beantworte Massoud nicht direkt. Er sprach davon, dass die Konferenz schon mal "ein erster, kleiner Schritt" sei.

Beinahe 23 "terroristische" Gruppen agierten derzeit in Afghanistan inklusive der Al Kaida, die auch seinen Vater 2001 getötet hatte. Achmad Schah Massoud, besser bekannt als der „Löwe von Pandschir“, hatte in den 1990er-Jahren erbitterten Widerstand gegen die militant-islamistischen Taliban geleistet, bis er bei einem Selbstmordattentat zwei Tage vor dem 11. September 2001 getötet wurde. Er wird von vielen Afghanen als Nationalheld gefeiert, von anderen aber auch kritisiert.

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Wie schwierig es wird, den Zusammenhalt herzustellen, zeigte sich am Rande der Konferenz. Verschiedene afghanische Gruppen demonstrierten vor dem Ort der Pressekonferenz, die am Freitag stattfand, gegen die Unterstützung von "Terroristen", "Verbrechern", "Mördern" und "Plünderern". Auch dass Massoud mit ehemaligen umstrittenen Regierungsmitgliedern kooperiert, wurde ihm vorgeworfen.  „Liebe Organisatoren der ,Intra-Afghanistan Konferenz', die seit heute in Wien stattfindet: Wisst ihr überhaupt, wenn ihr zu euch geholt habt? Wie können Veranstaltungen, an denen Kriegsverbrecher teilnehmen, mit Menschenrechten zu tun haben?“ schrieb etwa Journalist und Autor Emran Feroz auf Twitter. "Sein Vater war relevant. Für ihn interessiert sich niemand. Er wird auch nicht wirklich unterstützt", sagte ein Konferenz-Teilnehmer zum Kurier.

Angesprochen auf die Vorwürfe betonte Massoud, dass er niemanden ausschließen und aus der Geschichte lernen wollen. "Spaltung war der Grund, warum wir gescheitert sind." Er äußerte außerdem Bedauern über die Kriegsverbrechen im Pandschir-Tal im Norden Afghanistans während Kämpfen zwischen Taliban und der Nationalen Widerstandsfront. Nach seiner Darstellung habe es sich um systematische und angeordnete Taten der Taliban gehandelt.

Warum er trotz massiver Vorbehalte mit den Taliban verhandeln will, begründete Massoud pragmatisch: "Weil das die Welt von uns will." Zudem sei Reden und in Dialog Treten die derzeitige Strategie. "Wir wollen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen."