AfD-Rechtsaußen Höcke wegen Nazi-Spruchs zu Geldstrafe verurteilt
Von Evelyn Peternel
"Ich sage gleich zu Beginn: Ich bin bin völlig unschuldig.“ Für Björn Höcke war seine Verantwortung von Anfang an klar. Für den Richter aber nicht: Der Rechtsaußen-AfD-Politiker ist am Dienstag zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen je 130 Euro verurteilt worden – weil er einen SA-Spruch verwendet hat.
Vor zwei Jahren war er im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt auf einer Bühne gestanden und hatte dem Publikum entgegengeschrien: "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland!"; Johlen und Klatschen der Zuschauer folgte. Bewusst sei ihm nicht gewesen, was er da gesagt hatte, argumentierte Höcke vor Gericht: Er habe schlicht nicht gewusst, dass der Spruch von der Sturmabteilung (SA), dem paramilitärischen Kampfarm der NSDAP, stamme.
Wohl bewusste Verwendung
Der Richter kaufte ihm das nicht ab. Ein Indiz für die bewusste Verwendung ist, dass Höcke den Spruch nach Aufnahme der Ermittlungen wieder verwendet hat - da, wohl absichtlich, indirekt. In Gera hatte er vor einigem Monaten dem Publikum zugerufen, dass er bald vor dem Richter wegen eines speziellen "rhetorischen Dreiklangs" vor dem Richter stehen würde; zum Schluss wiederholte er diesen dann auch. Nur das letzte Wort – Deutschland – ließ er aus. Das johlte ihm dann sein Publikum zu – zu seiner Freude. Ähnliches hat sich laut deutschen Medien auch vor zwei Wochen in Hamm zugetragen. Wegen der Szene in Gera wartet auf Höcke ein weiterer Prozess.
Für den Vorwurf der bewussten Verwendung spricht auch, dass Höcke sich schon lange einer speziellen Sprache bedient, um sein Klientel zu erreichen. Er spricht in Codes, nennt seine eigene Bewegung innerhalb der AfD, den rechten "Flügel", etwa "Tat-Elite" – so nannte sich die SS selbst.
Vor dem Richter gab sich Höcke bewusst zurückhaltend. Die Sprachformel verwendete er nie zur Gänze, sagte stattdessen "Alle für D...", ohne das Wort Deutschland auszusprechen. Dem Gericht fiel das freilich auf – man wies ihn darauf hin, dass er bei einer Verhandlung natürlich berichten dürfe, was er gesagt habe. Ein Gerichtssaal sei schließlich etwas anderes als eine Bühne.
Partei bleibt rechtsextremistischer Verdachtsfall
Für die AfD ist das die zweite Niederlage binnen zwei Tagen: Am Montag bestätigte das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht, dass die Einstufung der Partei als "rechtsextremistischer Verdachtsfall" durch den Inlandsgeheimdienst gerechtfertigt ist. Damit darf der Verfassungsschutz die Partei weiter beobachten – und sogar Telefonate abhören und V-Leute einschleusen.
Begründet hatten die Richter das damit, dass die vom Verfassungsschutz präsentierten Hinweise auf eine Missachtung der Menschenwürde von Ausländern und Muslimen durch die AfD ausreichend seien – sie würden auch "Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen" sehen.
Das kann im Kampf um Wählerstimmen durchaus hinderlich sein, sagen Experten. "Das befördert den Abstieg", glaubt der Berliner Autor und Politikwissenschaftler Hajo Funke – in den Umfragen zeigt die Kurve der AfD nämlich nach einer langen Phase des Aufschwungs wieder nach unten. Lag die AfD im Herbst 2023 zeitweise stabil über 20 Prozent, so ermittelten die Meinungsforscher zuletzt Werte zwischen 16 und 18 Prozent.
Mit ein Grund dafür dürfte neben den vielen Skandalen - wie etwa das Remigrations-Treffen in Potsdam oder die Spionageaffäre rund um EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah - auch das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sein, das der AfD Wählerstimmen streitig macht.
Illegal ist in Deutschland wie Österreich der Hitlergruß - dass die Geste nicht von der Meinungsfreiheit geschützt ist, hat das deutsche Bundesverfassungsgericht 2006 bestätigt. In Österreich regelt das das Verbotsgesetz.
Auch der abgewandelte Kühnengruß ist verboten. Dabei werden Daumen, Zeige- und Mittelfinger abgespreizt hochgehalten, damit entsteht ein "W", das für Widerstand stehen soll. Namensgeber ist der deutsche Neonazi Michael Kühnen; in den 70er-Jahren drückten Rechtsextreme so ihren Widerstand gegen die Ostpolitik von Willi Brandt aus. In Österreich ist die Geste nicht strafbar.