Politik/Ausland

Todesurteile lassen Gewalt eskalieren

Auslöser der jüngsten Eskalation in Ägypten war das Todesurteil gegen 21 Fans des Fußballvereins Al-Masri aus der Stadt Port Said. Sie und Dutzende weitere Angeklagte werden für den Tod von mindestens 74 Menschen im Fußballstadion der Stadt verantwortlich gemacht – und kommen nun an den Galgen.

Am 1. Februar des Vorjahres waren sie auf die Fans des gegnerischen Kairoer Klubs Al-Ahli mit Schusswaffen, Brechstangen und Messern losgegangen. Die Polizei, die schon die Waffenkontrollen an den Eingängen zuvor sträflich vernachlässigt hatte, schaute dem Blutbad anfangs tatenlos zu, bis sie viel zu spät und halbherzig eingriff.

Während die Verwandten der Opfer des Fußball-Massakers die Todesurteile lautstark öffentlich feierten, brach in Port Said ein Aufstand der Al-Masri-Fans los. Zu Hunderten versuchten sie, das Gefängnis zu stürmen, in dem die zum Tode verurteilten sitzen. Dabei prallten sie frontal auf die Polizei. Es kam zu Straßenschlachten, in denen zumindest zwei Polizisten und 25 Zivilisten getötet wurden. Daraufhin schickte Staatschef Mohammed Mursi die Armee nach Port Said. Laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters könnte auch eine landesweite Ausgangssperre verhängt und der nationale Notstand ausgerufen werden.

Alle Inhalte anzeigen

Politische Krise verschärft

Das Gerichtsurteil hat massive politische Bedeutung. Schließlich galt der Tod der Al-Ahli-Fans auch als Racheaktion der Polizei. Waren doch die auch Ultras genannten militanten Anhänger an vorderster Front beim Sturz von Ägyptens Diktator Mubarak dabei. Die Polizei aber war jene Institution, die den Machthaber bis zuletzt mit aller Gewalt verteidigte.>

Die Schockwelle durch die Todesurteile erfasst daher nicht nur die Al-Masri-Anhänger. Sie droht auch, die politischen Unruhen weiter aufzuschaukeln. Ohnehin kam es am Freitag, dem zweiten Jahrestag der ägyptischen Revolution, zu landesweiten Protesten und blutigen Auseinandersetzungen. Die schlimmsten Zusammenstöße gab es in der Hafenstadt Suez. Dort starben zumindest neun Menschen beim Versuch, das Gouverneursgebäude zu stürmen. Landesweit gab es Hunderte Verletzte.

Die Proteste richten sich gegen den islamistischen Staatspräsidenten Mursi. Ihm wird vorgeworfen, die Revolution und ihre Ziele verraten zu haben. Gewalt verderbe den zivilisierten Charakter der Revolution, schrieb Mursi in der Nacht auf Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter. „Ich fordere alle Bürger auf, ihre Meinung im Sinne der noblen Prinzipien der ägyptischen Revolution friedlich und frei auszudrücken.“

Alle Inhalte anzeigen