Politik/Ausland

Neue Festnahmen vor Protesten in Kairo

Die neue ägyptische Führung setzt ihre Kampagne gegen die Muslimbruderschaft trotz internationaler Kritik fort. In der Nacht zum Freitag wurden in der Oase Fayyum südlich von Kairo vier lokale Führungskader der Islamisten-Organisation festgenommen. Wie die Website der Zeitung Al-Shorouk meldete, ist unter den Festgenommenen auch ein islamischer Prediger.

Die Muslimbrüder, die Anfang Juli nach Massenprotesten von den Militärs entmachten worden waren, wollten am "Freitag der Märtyrer" in mehreren Provinzen gegen Polizeigewalt und für die Wiedereinsetzung von Präsident Mohammed Mursi demonstrieren.Bei Straßenschlachten zwischen Anhängern und Gegnern des entmachteten Präsidenten Mursi ist am Freitag in der ägyptischen Stadt Tanta ein Demonstrant getötet worden. Nach Angaben lokaler Medien wurden 25 weitere Menschen verletzt, als wütende Anrainer einen Demonstrationszug der Muslimbruderschaft in der nördlichen Provinzstadt attackierten.

Proteste gegen Haftentlassung Mubaraks

Außerdem haben verschiedene Revolutionsgruppen zu Protesten gegen die Haftentlassung des ehemaligen Präsidenten Hosni Mubarak aufgerufen. Der frühere Staatschef hatte am Donnerstag das Gefängnis verlassen. Er wurde in ein Militärkrankenhaus gebracht, wo er nun unter "Hausarrest" steht.

Mubarak war im Februar 2011 vom Militär zum Rücktritt gezwungen worden. Er muss sich vor Gericht wegen der Tötung von mehr als 800 Demonstranten verantworten.

Aufstieg und Fall des Hosni Mubarak

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Gefängnis, nein, Hausarrest, nein, zuletzt doch Krankenhaus. Die Entlassung von Ex-Diktator Hosni Mubarak war auch am Donnerstag von einem hektischen Tauziehen bis zur letzten Minute geprägt. Schließlich wurde er per Hubschrauber aus der Haftanstalt in ein Militärkrankenhaus in Kairo gebracht.

Grund für das Hin und Her war auch der weiter unklare Stand all der Verfahren, die gegen den 85-Jährigen laufen. Während die Anklage wegen Korruption nun fallen gelassen worden ist, sind andere Verfahren, etwa jenes wegen seiner Beihilfe zum Mord an Hunderten Demonstranten während der Revolution, weiter in der Schwebe. Prozesse wurden neu aufgerollt, verzögern sich daher.

Doch das juristische Verwirrspiel läuft nicht nur rund um Mubarak ab, sondern auch um andere Vertreter des 2011 gestürzten Regimes, allen voran seine beiden Söhne Alaa und Gamal. Beide hatten die Herrschaft ihres Vaters benützt, um sich massiv zu bereichern, durch zwielichtige Geschäfte, Aktienmanipulation, Aneignung des Besitzes von Menschen, die bei den Machthabern in Ungnade gefallen waren.

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Auch die beiden wurden umgehend nach dem Umsturz vor Gericht gestellt. Wie ihr Vater wurden auch sie relativ rasch vom Vorwurf der Korruption freigesprochen, auch wenn die Beweislast gegen sie vielen Beobachtern erdrückend erschien. Im Gegensatz zu ihrem Vater bleiben sie allerdings weiterhin im Tora-Gefängnis unweit von Kairo.

Wie lange ist allerdings unklar. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Gericht in der Hauptstadt auch ihre Freilassung angeordnet. Dann aber entschied ein anderes Gericht, dass sie wegen all der anderen Verfahren, die gegen sie liefen, in Haft bleiben müssten.

Auch gegen zahlreiche Minister und andere hochrangige Vertreter des Mubarak-Regimes ist Anklage erhoben worden. Verurteilt wurden aber bisher nur wenige. Bei vielen gehen die Verfahren hin und her, andere haben sich der ägyptischen Justiz einfach durch Flucht ins Ausland entzogen. So sitzen mehrere Wirtschaftsbosse, die sich unter Mubarak massiv an Regierungsaufträgen bereichert hatten, weiter in London, den Emiraten oder Spanien.

Enge Verbindungen

Unter der neuen Regierung und den dahinter stehenden Militärs dürften sich die Verfahren nicht beschleunigen. General Abdel Al-Sisi, als Chef des Militärrats der eigentliche Machthaber im Land, ist in der Tradition des ägyptischen Militärs verhaftet. Und sieht die Generäle als die eigentlichen Entscheidungsträger in Ägypten. „Die Interessen der Militärs laufen bei ihm immer im Hintergrund mit“, schildert ein deutscher Experte gegenüber dem Guardian die Machtverhältnisse:„Das Wirtschaftsimperium des Militärs darf nicht gefährdet werden.“