Politik/Ausland

Islamischer Staat: 100 Österreicher im Kampfgebiet

Die Lage ist unklar: Der Wiener IS-Kämpfer und mutmaßliche Mohamed Mahmoud ist sehr wahrscheinlich tot, die beiden geflüchteten Mädchen Sabina und Samra sind – entgegen mehrfacher Todesnachrichten in den Boulevardmedien – vermutlich noch am Leben.

Zwei Fälle von vielen, die zeigen, wie schwierig eine genaue Einschätzung der Lage ist und wie viele Österreicher tatsächlich noch im Dschihad sind. Aus Syrien und auch Teilen des Iraks fehlen unabhängige und seriöse Quellen. Manche Kämpfer werden so fälschlich für tot erklärt, andere täuschen das vielleicht sogar vor, um unterzutauchen, meinen Sicherheitsexperten. So gibt es derzeit auch Berichte von US-Militärs auf CNN, dass tausend IS-Kämpfer mit bis zu 200 Millionen Euro von Syrien Richtung Irak geflüchtet sind.

Der heimische Verfassungsschutz (BVT) geht aktuell von rund 100 Österreichern aus, die sich noch in den Kampfgebieten aufhalten. Rund 20 davon sind Frauen. Insgesamt sind aber noch 320 Dschihadisten aus Österreich im Krieg, die meisten davon haben keine österreichische Staatsbürgerschaft – mehr als ein Drittel dürften Tschetschenen (russische Staatsbürger) sein.

Lieber ins Gefängnis

Einige Kämpfer sitzen in Haft, etwa in den Kurdengebieten. „Lieber würde ich von hier wegkommen und 30 Jahre in Europa im Gefängnis sitzen“, sagte kürzlich eine Insassin in einem TV-Interview. Doch man wolle sie offenbar nicht zurückhaben.

Nachdem US-Präsident Donald Trump nun dazu aufgefordert hat, die Kämpfer und deren Angehörige zurückzunehmen, steigt der Druck auf die EU. Zuständig dafür ist in Österreich das Außenministerium. „Es gilt, sich jede Biografie klar anzusehen“, sagt Außenministerin Karin Kneissl. In Österreich gebe es derzeit aber lediglich einen Fall, bei dem eine junge Frau zurückkehren möchte. Sie befindet sich derzeit mit einem eineinhalbjährigen Sohn in kurdischer Haft. Eine Rückholung werde aktuell geprüft.

In Belgien gibt es zu einem ähnlich gelagerten Fall schon ein Gerichtsurteil – eine Rückholaktion ist demnach angebracht, weil es um das Wohl des Kindes geht. Dieses könne nichts dafür, was die Mutter angestellt habe.

U-Haft unklar

Nachdem die Kurden gedroht haben, die Gefängnistore zu öffnen, wenn die USA aus Syrien abziehen, steigen nun Befürchtungen, dass Europa von den Kämpfern bedroht ist. Da diese allerdings namentlich bekannt sind, müssten diese über illegale Wege ins Land kommen und untertauchen. Ansonsten würden sie an der Grenze festgenommen werden. Über eine U-Haft würde dann im Einzelfall entschieden werden. Es ist aber fraglich, ob die drei möglichen U-Haft-Gründe (Verdunkelungs-, Tatbegehungs- oder Fluchtgefahr) wirklich immer bestehen.

100 Leute lückenlos zu überwachen, wäre jedenfalls unmöglich. Dafür würde man 1000 bis 2000 Polizisten benötigen. Allerdings gibt es viele Deradikalisierungsprogramme, und viele Rückkehrer wollen ohnehin nur mehr nachhause und in Frieden leben. Das Leben im Dschihad war für die meisten nicht so, wie sie sich das einmal ausgemalt haben.