Wayne Griffiths: „Es gibt keinen Plan B“
Von Sandra Baierl
650.000 Autos hat Cupra seit der Gründung 2018 verkauft, allein im vergangenen Jahr waren es 230.700. Damit ist das Start-up eine der schnellstwachsenden Automarken – und das innerhalb des konservativen VW-Konzerns. Das Kunststück gelang auch, „weil wir in Spanien weit weg von der Konzernmutter sind“, sagt Seat/Cupra-CEO Wayne Griffiths. Der Brite ist ein Rebell in der Autoszene – den Erfolg von Cupra führt er auf den konsequenten Weg zurück, mit seiner Marke nicht allen gefallen zu müssen.
KURIER: Sie sagen: Cupra ist Seats Weg in die Zukunft. Was meinen Sie damit?
Wayne Griffiths: Es ist die Sicherstellung der Profitabilität. Im elektrischen Zeitalter sind die Margen der Fahrzeuge der ersten Generation ziemlich unter Druck. Weil die Kosten für die Technologie so hoch sind. Das kann man nur mit Fahrzeugen machen, die höher positioniert sind. Da ist Cupra, zwischen dem Massen- und Premiumsegment, viel höher positioniert als Seat. Unsere Margen sind deutlich stärker. Zudem setzen wir bei Cupra auf die Elektrifizierung – das heißt aber nicht, dass Cupra Seat ersetzt.
Auch Seat hat eine elektrische Zukunft?
Wir elektrifizieren Seat dann, wenn wir uns das leisten können. Ich muss sicherstellen, dass die spanische Autoproduktion erhalten bleibt – wie dann letztlich die Marken heißen, ist zweitrangig. Jetzt einen kleinen elektrischen Seat ohne Margen zu produzieren, wäre unwirtschaftlich.
VW hat sich dafür entschieden, zusammen mit Skoda ein Modell um etwa 20.000 Euro zu machen, den ID.1.
Wir schauen uns das gerne an. Unsere Produktionen in Spanien sind aber ohnehin ausgelastet bis 2030. Wir hätten gar nicht den Platz, ein neues Auto zu bauen.
Für die Demokratisierung der Elektromobilität, dass so ein E-Auto für die Menschen also auch erschwinglich ist, ist das günstige E-Auto aber schon entscheidend.
Der Kunde kriegt das auch. Mit dem Cupra Raval, dem VW ID.2, dem Skoda Epiq. Diese Autos im Konzern gibt es ab 25.000 Euro. Das ist die Preisklasse der meistverkauften Autos. Damit ist die Erreichbarkeit für die Kunden gegeben.
In der Autobranche setzt sich mittlerweile die Erkenntnis durch, dass die Verbrenner doch länger laufen als gedacht. Es war immer die Aussicht, dass wir bis 2030 mit den Verbrennern durch sind. Aber ja, es wird alles länger dauern. Wir können den Kunden nicht sagen, was sie zu kaufen haben. Wir bleiben pragmatisch und flexibel.
Sie haben Cupra damals in Spanien entwickelt, ohne viel bei VW nachzufragen.
Wir waren nicht auf dem Radar der Konzernchefs, das hat seine Vorteile. Man hat uns damals, Luca de Meo und mich, einfach machen lassen. Wir hatten die Unterstützung von Konzern-CEO Matthias Müller, er fand das mutig. Aber es gab viele Zweifler. Wir haben für wenig Investition ein komplett neues Auto entwickelt, weil wir auf die gesamte bestehende Infrastruktur zugreifen konnten. Wir haben kein Werk gebraucht, kein Vertriebsnetz, keine neue Plattform. Man muss verstehen: Die Cupra-Geschichte ist keine Zusatzinvestition, sondern rein aus dem Seat-Umsatz heraus passiert. Es war also wichtig, dass Seat weiter erfolgreich ist, um das zu finanzieren. Viele neue Marken müssen sich das alles mit riesigen Anfangsinvestitionen erarbeiten.
Haben, überspitzt gesagt, entweder den Aktienmarkt hinter sich, wie Tesla, oder werden vom chinesischen Staat finanziert.
Die entscheidende Frage ist doch, ob das, was da gemacht wird, zukunftsfähig ist. Weil Unterstützungen sind schön, aber nicht nachhaltig. Die sind zu Beginn da, aber dann muss man selbst klarkommen.
Zur China-Problematik: Die Strafzölle treffen Cupra direkt, weil Ihr Tavascan in China gebaut wird.
Generell denke ich, dass Handelsbarrieren nicht der richtige Weg sind. Ich stehe für offenen Handel. Europa muss sich ernsthaft fragen, warum es nicht wettbewerbsfähig ist. Das müssen wir ändern. Zum Tavascan: der ist ein europäisches Produkt, hier entwickelt, designt, die Teile kommen aus Europa. Wir müssen da eine Sonderregelung kriegen, sonst beschädigt man mit dem China-Zoll europäische Betriebe.
Wie wird Europa wettbewerbsfähiger?
Wir haben viele etablierte Werke, gute Marken, gute Mitarbeiter. Was wir aber nicht haben, ist saubere Energie zu einem vernünftigen Preis. Auch keine Batteriewerke. Das sind für mich die größten Stellhebel.
Der Weg zur CO2-Neutralität bei den Autos ist für Sie alternativlos. Warum?
Ich sage, es gibt keine Alternative und keinen Plan B – wegen der Umwelt. Diese Richtung ist für mich unbestritten, ob das jetzt 2035 passiert oder 2040, ist eigentlich zweitrangig. Wir leisten dafür unseren Beitrag, investieren als Konzern zehn Milliarden Euro in die Elektrifizierung. Jetzt muss die Politik ihres tun: den Kunden die Zweifel nehmen, zeigen, dass E-Autos keine Modeerscheinung sind. Anreize schaffen, dass es schlau ist, elektrisch zu fahren. Und die Staaten müssen schnell ihre Lade-Infrastruktur ausbauen. Das muss jetzt alles passieren – ohne Unsicherheit.
Lebenslauf
Der Brite Wayne Griffiths ist seit 2020 CEO von Seat und Cupra – Marken aus dem VW-Konzern. Seine Volkswagen-Karriere ist lang, er begann 1989 bei Audi in Ingolstadt – bis er 2016 zu Seat wechselte, damals in die Position des Executive Vice President. Griffiths kommt aus einer britischen Autofamilie, seine Familie betrieb einen Autohandel. Er studierte Management und Deutsch in Leeds
VW, Seat, Cupra
Cupra wurde 2018 als eigenständige Marke im Seat Konzern gegründet – Wayne Griffiths und Luca de Meo (heute CEO von Renault) gelten als Gründerväter
Förderungen wirken?
Ja, klar. Man sieht das etwa in Portugal. Die liegen bei 30 Prozent E-Auto-Anteil, weil es Incentives gibt und die Infrastruktur da ist.
Altert die Marke Cupra eigentlich mit ihren Kunden?
Jungsein hat nichts mit dem Alter zu tun. Wir sind kein One-Hit-Wonder, unsere neuen Modelle beweisen das. Wir treffen einen Nerv, sind Contemporary und nicht Status. Wir wollen Autos machen, die einige lieben, viele Junge, die aber nicht jedem gefallen.
Untypisch VW.
Sehr untypisch. In einer Runde wurde einmal gefragt, wer mein Auto kaufen würde. Ich war froh, dass niemand aufgezeigt hat, weil dieses Auto war nichts für diese Menschen. Es ist mir wurscht, wenn mein Auto nicht gefällt. Wir sind anders und unsere Zielgruppe ist das auch.
Sie passen gut zu Cupra. Wird das die letzte Automarke sein, die Sie begleiten?
Ich werde alle meine Energien hier reinstecken, denn die Geschichte ist nicht fertig. Ich habe den geilsten Job in der Automobilindustrie. Mein Karriereende naht, ich mache das hier und nirgendwo anders. Obwohl es schon viele Angebote anderer Marken gab.