Motor/E-Mobility

Zukunft der Mobilität: Österreichs Fortschritte und Schwächen auf dem E-Sektor

Die einen sehen darin die Zukunft - die anderen nicht. In Österreich haben es reine Elektroautos derzeit verkaufstechnisch nicht einfach. Ein Knackpunkt neben den Kosten: Das Laden. Wie  macht man sich hier im internationalen Vergleich?

Weltweit sieht es laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Roland Berger für Stromer folgendermaßen aus. Die Zahl der weltweit verkauften Elektrofahrzeuge steigt weiter, wenn auch nicht mehr so schnell: Nach einer Verdoppelung im Jahr 2022 gab es 2023 nur noch ein Plus von 33 Prozent. Der Anteil der E-Fahrzeuge an den weltweiten Neuzulassungen wächst damit weiter - von 14 Prozent im Jahr 2022 auf 20 Prozent 2023. Zu diese Ergebnis kommt der Roland Berger EV Charging Index 2024 auf Basis von umfangreichen Brancheninterviews sowie einer Umfrage unter 16.000 Teilnehmern aus Europa, Asien, Nord- und Südamerika sowie dem Nahen Osten.

China erneut Vorreiter - wo steht Österreich bei der E-Mobilität

Der EV Charging Index bewertet den Status der betrachteten Länder in Bezug auf die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge sowie die allgemeine Kundenzufriedenheit beim Thema Elektromobilität. Wie in den Vorjahren führt China auch das aktuelle Ranking mit deutlichem Punktevorsprung an: Zwar hat das Land seine Gesamtwertung mit nach wie vor 82 Punkten nicht verbessert, doch es verzeichnet weiterhin ein starkes Wachstum beim Absatz von E-Fahrzeugen und beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Deutschland und die USA folgen punktgleich mit 70 Punkten auf Platz 2 im Ranking, danach folgen die Niederlande und Frankreich mit 69 Punkten. 

Österreich liegt mit 63 Punkten in Europa zwar knapp dahinter, aber noch vor Spanien (62), Italien (61), der Schweiz (60). Deutlich dahinter ist man in Portugal (53), Rumänien (46) und in Ungarn (42).

Fazit der Studie: Österreich schneidet in den meisten Bereichen der E-Mobilität gut ab, muss aber den Mangel an Schnellladestationen beheben.
 

Zu wenig schnelle Gleichstrom-Ladegeräte

Denn: Österreich weist zwar ein Wachstum sowohl beim Ladenetz als auch beim Absatz von E-Fahrzeugen auf, was dem Land eine überdurchschnittliche Gesamtbewertung einbringt. Dies spiegelt eine gute Mischung aus politischer Unterstützung, technologischer Innovation und strategischer Zusammenarbeit wider. Allerdings muss das Land einen Mangel an schnellen Gleichstrom-Ladegeräten beheben, der weit unter dem weltweiten Durchschnitt liegt.

2023 machten BEVs und PHEVs 27% aller Neuzulassungen aus; bis 2040 wird erwartet, dass die Anzahl der zugelassenen E-Fahrzeuge 58-71% des gesamten Pkw-Marktes ausmachen wird, eine Verlagerung, die durch eine solide politische Unterstützung und technologische Fortschritte gefördert wird. Der Anteil der öffentlichen Ladestationen an der Gesamtinfrastruktur des Landes stieg von 16% auf 22%, obwohl das Verhältnis von Gleichstrom- zu Wechselstrom-Ladegeräten mit 17% weiterhin relativ gering ist.

Viel Geld für E-Mobilität

Die österreichische Regierung hat zahlreiche Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge ergriffen und bis 2024 114,5 Millionen Euro für E-Mobilität bereitgestellt. Bis 2030 soll jeder Österreicher in einem Umkreis von maximal 15 Kilometern Zugang zu einer Schnellladestation haben. Hochrechnungen zufolge werden allein in Wien bis 2030 3.000 Ladepunkte unter 22 kW und bis zu 2.000 Punkte über 22 kW benötigt, um die steigende Nachfrage zu decken.


Um weitere Anreize für die Entwicklung von E-Ladelösungen zu schaffen, hat die Regierung eine Reihe von Subventionen eingeführt. Für Privatpersonen gibt es unter anderem 600 Euro für ein intelligentes Ladekabel oder ein Wandladegerät in Ein- und Zweifamilienhäusern und bis zu 1.800 Euro für moderne Ladestationen mit Lastmanagement in Mehrfamilienhäusern. Auf nationaler Ebene werden öffentlich zugängliche Ladestationen mit bis zu 30.000 Euro je nach Ladekapazität gefördert. Darüber hinaus bieten Förderungen auf Landesebene, wie etwa in Tirol und der Steiermark, weitere finanzielle Unterstützung, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Gemeinden und strategischen Standorten zugeschnitten ist.

„Die Situation der Elektromobilität stellt sich weltweit sehr unterschiedlich dar", sagt Stefan Riederle, Partner bei Roland Berger. "Reife Märkte wie Deutschland reduzieren finanzielle Kaufanreize oder streichen sie komplett, während weniger reife Märkte, zum Beispiel in Südeuropa, den Ausbau der Infrastruktur und den Verkauf von E-Fahrzeugen mit Förderungen vorantreiben. Auch bei den Automobilherstellern sind die Strategien unterschiedlich: Einige OEMs setzen auf neue rein elektrische Plattformen, während andere wieder zu Plug-in-Hybriden zurückkehren. Generell bremsend auf die Branche wirken die schleppenden Fortschritte in Richtung Kostenparität zwischen Verbrennern und Elektrofahrzeugen."

Deutlich mehr Ladepunkte

Auch weltweit ist die Zahl der Ladepunkte 2023 mit einem Plus von 65 Prozent deutlich gewachsen. "Der Markt für das Laden von E-Fahrzeugen entwickelt sich dynamisch", sagt Riederle. "Sowohl in etablierten als auch in sich entwickelnden Regionen engagieren sich mehr und mehr Unternehmen und testen neue Geschäftsmodelle sowie Technologien." Neben Energieversorgern und -händlern seien auch die Autohersteller weltweit verstärkt in diesem Bereich aktiv, entweder mit eigenen Angeboten oder durch Kooperationen mit anderen Betreibern. "Ohne Ladeinfrastruktur verkaufen sich Elektrofahrzeuge schlecht, daher ist dieses Engagement für die OEMs ein Mittel zur Absatzsteigerung, vor allem auch in weniger entwickelten Märkten."

Stagnation

Die schlechte Nachricht: Alle fünf führenden Länder mussten demnach eine Stagnation oder sogar Punktabschläge gegenüber dem Vorjahres-Index hinnehmen. Dieser Trend zeigt sich in den meisten etablierten Märkten. Dagegen erlebten die aufstrebenden Märkte im Nahen Osten und in Südostasien ein schnelles Wachstum beim Absatz von Elektrofahrzeugen, wodurch sich ihr Abstand zu den führenden Elektromobilitäts-Nationen verringert.

Immerhin sagen insgesamt über 81 Prozent der Verbraucher, dass das Laden in den vergangenen sechs Monaten einfacher geworden sei.

Die drei größten Anbieter verfügen über einen Marktanteil von fast 30 %. Strategische Partnerschaften zwischen Energieversorgern und Supermarktketten, wie die Energie Steiermark AG mit der Hofer KG und die Kelag AG mit derSpar AG, zeigen die gemeinsamen Anstrengungen der Branche zum Ausbau und zur Verbesserung der Ladeinfrastruktur.

Innovative Ladetechnologien stehen an der Spitze des Fortschritts der österreichischen E-Mobilität. Initiativen wie die von SMATRICS EnBW geplante Einführung von 200 Hochgeschwindigkeits-Ladepunkten im Jahr 2024 versprechen ein Ladeerlebnis, bei dem Fahrzeuge in nur fünf Minuten bis zu 100 Kilometer weit geladen werden können. 

Intelligente Ladetechnologien optimieren die Nutzung regionaler Energieressourcen, indem sie die eigene Photovoltaikproduktion und Speicherkapazitäten integrieren, um Spitzenlasten effizient zu bewältigen. Der Einsatz der automatisierten konduktiven Matrix-Ladetechnologie für Elektrotaxis ermöglicht das Aufladen ohne manuelles Eingreifen und ist ein Beispiel für Österreichs zukunftsweisenden Ansatz in der urbanen E-Mobilität.