Meinung/Mein Tag

Nur wenn es nicht mehr anders geht

Im Wiener Männer-Gesangsverein dürfen jetzt also auch Frauen singen. Allerdings nicht, weil man es dort mit der Gleichberechtigung ganz besonders ernst meinen würde, nein. Dem Männer-Gesangsverein sind ganz einfach die Männer ausgegangen. Die einen sind gestorben, die anderen wollen nicht mehr singen – aus Angst vor Ansteckung. Und weil das vor allem jene waren, die die hohen Stimmlagen singen konnten, wird jetzt auch Frauen das Angebot gemacht, doch zum Vorsingen zu kommen. Wenn’s gar nicht mehr anders geht, dann sind auch Frauen gut genug.

Der Männergesangsverein ist freilich nicht die einzige Wiener Institution, die sich ein bisserl schwertut mit dem Frauenanteil. 22 Frauen spielen derzeit im Orchester der Wiener Philharmoniker. Neben 120 Männern. Zugelassen wurden Frauen 1997, bis 2006 gab es nur eine einzige Frau: die Harfenistin.

Noch nie hat eine Frau das Neujahrskonzert dirigiert. Dafür dürfen das jedes Jahr die immer gleichen alten (weißen) Männer machen.

Langweiliger geht es nicht.

41 Direktoren hatte die Wiener Staatsoper seit 1867. Und keine einzige Direktorin. Die Frauen dürfen dafür den Opernball organisieren. Bezahlung gibt es dafür keine, das Prestige muss reichen (und ein paar Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich und das Land Wien).

Unfairer geht es nicht.

In der Spanischen Hofreitschule und bei den Wiener Sängerknaben schaut es nicht viel besser aus. Erst seit 2008 sind Frauen als Bereiterinnen zugelassen. Es muss mir entgangen sein, dass es Frauen bis dahin genetisch nicht möglich war, Pferde zu trainieren.

Bei den Sängerknaben gibt es seit 2004 einen eigenen Mädchenchor. Der berühmte Knabenchor bleibt also ein Männergesangsverein.

Und vielleicht auch der eingangs erwähnte (der trotz möglicher weiblicher Mitglieder seinen Namen behalten will): Denn Frauen müssen längst nicht mehr jedes fadenscheinige Angebot, das man ihnen gemeinhin so macht, auch annehmen.