Ein Dach ohne Seitenteile versetzt die Stadt in Aufregung
Von Julia Schrenk
Was verstehen Sie unter einer „Halle“? Einen großen Raum? Mit viel Platz? Jedenfalls aber ein Ding mit einem Dach und Wänden. Oder?
Was am Naschmarkt-Parkplatz geplant ist, hat zumindest Letzteres nicht, firmiert aber trotzdem unter dem Wort „Halle“ und steht deshalb groß in der Kritik. Die neue, offene Markthalle.
Auf der 10.000 Quadratmeter großen Fläche hinter dem Naschmarkt wollen Stadträtin Ulli Sima und der Bezirksvorsteher von Mariahilf, Markus Rumelhart (beid SPÖ), einen Markt nach dem Vorbild des Londoner Borough Markets errichten. Der ist nicht nur ein architektonisches Glanzstück (viel Glas, viel Stahl) sondern bei Einheimischen wie Touristen beliebt.
Es gibt tolle Lebensmittel, guten Kaffee, Foodtrucks und Blumen.
In Wien will man von alldem nichts wissen, es geht um die Sichtachse und darum, wer zur Gestaltung befragt wird. Nur die Anrainerinnen oder Anrainer? Doch ganz Wien? Ausgetragen wird der Streit vor allem zwischen Rot und Grün, die – bekanntlich nicht mehr verantwortlich für das Planungsressort – dort einen Park haben wollten und jetzt eine „Verschandelung“ des „Jugendstilensembles entlang der Wienzeile“ reden.
Die Blauen wiederum kritisieren die Idee der Grünen und wollen Flohmarkt wie Parkplätze „retten“.
Huch! Da emotionalisiert doch tatsächlich eine Idee die ganze Stadt. Aber gut, was bleibt einem in Lockdownzeiten auch für die große künstliche Aufregung, abgesehen vom Abenteuer Einkaufen?
Das Bürgerbeteiligungsverfahren hat übrigens gerade erst begonnen, der Architekturwettbewerb folgt im Herbst. Die Blauen könnten noch versuchen, die Türkisen ins Boot zu holen. Die retten ja auch gerne Parkplätze und so ein Dach ohne Seitenteile ist auch nicht mehr als ein Carport.
Apropos: Sie brauchen nicht zufällig ein Stiegenhaus, oder? Das alte (Jugendstil!) aus dem Leiner auf der Mariahilfer Straße wäre zu haben. Dazu bräuchten Sie allerdings auch eine Halle. Eine echte.