Meinung/Mein Tag

Das Loch an der Lände – die Radetzkystraße 24–26 ist Geschichte

Jetzt ist es weg, das Haus an der Radetzkystraße 24–26. Fast vier Jahre lang war es ein Sinnbild dafür, was die Stadt mit der Novelle der Bauordnung verhindern wollte: Dass erhaltungswürdige Gebäude aus der Gründerzeit aus Gründen der Profitmaximierung dem Erdboden gleichgemacht werden – und langjährige Bewohnerinnen und Bewohner dadurch ihre Wohnungen verlieren.

Das Haus an der Weißgerberlände im 3. Bezirk war erhaltenswürdig.

Gebaut von Josef Kastan im Jahr 1847, war es das erste Zinshaus in Wien, das im Stil der Neogotik errichtet wurde – Türmchen inklusive.

Vier Jahre konnte man nun beobachten, wie das Haus immer weniger wurde. Zuerst wurde urplötzlich das Dach abgetragen – und das vierte Obergeschoß mit dazu. Dass zu dieser Zeit noch 25 Mieterinnen und Mieter in dem Haus wohnten, kümmerte die Immobilienfirma nicht.

Dann wurde Geschoß um Geschoß abgetragen. Und seit ein paar Tagen ist das Haus ganz weg.

„Wir hatten keine Möglichkeit, den Abriss zu verhindern“, sagt der Leiter der Baupolizei. Der Abriss begann wenige Tage vor dem 1. Juli 2018. Freilich im Wissen darüber, dass an diesem Tag die Novelle der Bauordnung in Kraft getreten ist. Und es ab diesem Tag untersagt gewesen wäre, Häuser, die vor 1945 errichtet wurden, einfach niederzureißen.

Der später verhängte Baustopp kam für die Radetzkystraße zu spät.

Seit der Novelle ist der Abriss alter Häuser schwieriger geworden. Ideal geschützt sind sie noch immer nicht. Ist ein Haus so desolat, dass die Sanierung nicht mit den Mieten gedeckt werden kann, darf noch immer abgerissen werden.

2023 steht die nächste Novelle an: Man überlegt, die Förderungen für Altbausanierungen zu erhöhen. Das klingt gut. Besser wäre, diesmal rechtzeitig an Baustopps zu denken. Bevor wenige Tage vor Inkrafttreten wieder das fröhliche Abreißen beginnt.