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Die Allianzen im EU-Parlament - und ein möglicher neuer Rechtsblock

Klare Zuordnung in der Mitte, zersplitterte Ränder.

Philipp Hacker-Walton
Die Fraktionen im EU-Parlament.

Knapp 200 Tage sind es noch bis zur Europa-Wahl Ende Mai, die Parteien haben schon mit den Vorbereitungen begonnen. So haben etwa die Sozialdemokraten diese Woche Martin Schulz als ihren "Spitzenkandidaten" für das Amt des Kommissionspräsidenten nominiert.

Für Schlagzeilen hat in den vergangenen Tagen und Wochen auch die Ankündigung der Freiheitlichen gesorgt, man wolle rund um die EU-Wahl eine engere Kooperation mit anderen "patriotischen Parteien" wie der französischen Front National oder dem belgischen Vlaams Belang starten.

Was das bringt? Vor allem mehr Rechte in der parlamentarischen Arbeit, zb bei der Redezeit oder, indem man einen Berichterstatter (= federführenden Mandatar) für ein Thema in einem Ausschuss stellt. Und: Wer geschlossen auftritt und nicht nur für sich und ein, zwei, sondern gleich für eine größere Gruppe an Kollegen spricht, erhält auch mehr Aufmerksamkeit.

An dieser Stelle soll es weniger darum gehen, mit wem die Blauen da so zusammenarbeiten wollen und wie stabil so ein Block sein kann, sondern vielmehr um zwei andere Fragen: Welche Fraktionen gibt es eigentlich im EU-Parlament? Und wieso sind die FPÖ-Abgeordneten bei keiner dabei?

Logische Zuordnung in der Mitte

In der Mitte des politischen Spektrums (und des Plenarsaals) ist die Zuordnung einfach, weil quasi deckungsgleich mit den Klubs im österreichischen Nationalrat: Die Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei sind in der Fraktion der Europäischen Volkspartei, der größten Fraktion im EU-Parlament. Die österreichischen Sozialdemokraten sind bei den "Sozialisten & Demokraten", deren Fraktionschef SPÖ-Mandatar Hannes Swoboda ist.

Die Grünen sind - erraten - bei der "Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz", Abgeordnete des Liberalen Forums waren (derzeit gibt es keine) Teil der ALDE, der "Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa". Schaffen die NEOS im Mai den Einzug ins EU-Parlament, werden sie ebenfalls in der ALDE-Fraktion sein.

So weit, so übersichtlich.

Zersplitterter Rand

Schwieriger wird es an den Rändern: Linksaußen gibt es derzeit die "Vereinigte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke", wo z.B.: "Die Linke" aus Deutschland vertreten ist.

In drei Teile geteilt ist der rechte Rand: Fünftgrößte Fraktion nach EVP, S&D, ALDE und Grünen sind die "Konservativen und Reformisten" (ECR), die rund zur Hälfte aus Abgeordneten der englischen Konservativen, der Tories, bestehen. Noch ein Stück weiter Rechts ist die EFD-Fraktion ("Europa der Freiheit und der Demokratie"), der u.a. die britische EU-Austritts-Partei UKIP angehört und die italienische Lega Nord. In der EFD sind neben nationalkonservativen und rechtspopulistischen aber auch Parteien, die als rechtsextrem eingestuft werden, etwa die griechische LAOS und die slowakische SNS.

Zusammenschluss gescheitert

Die FPÖ hat in keiner der Fraktionen ihr politisches Zuhause für Brüssel und Straßburg gefunden: Zum einen wollten z.B.: die niederländische Calvinisten nicht mit den Freiheitlichen zusammenarbeiten. Und dann tun sich die Blauen selbst mit den englischen EU-Skeptikern von UKIP schwer, weil diese für einen EU-Austritt sind. Die FPÖ sei zwar EU-kritisch, sagt ihr Abgeordneter Andreas Mölzer, aber nicht anti-europäisch: "Wir wollen ein besseres Europa, die Briten wollen raus."

Mölzer und FP-Kollege Franz Obermayr sind derzeit im Block der Fraktionslosen zu finden - so wie u.a. auch Hans-Peter Martin und sein ehemaliger Mitstreiter Martin Ehrenhauser (mehr dazu, wie es sich als Fraktionsloser arbeitet, in Bälde in einem eigenen Blog-Eintrag!).

Hürden für einen neuen Block

Wenn die Blauen nach der EU-Wahl einen neuen Rechtsblock zustande bringen, wäre es der dritte neben ECR und EFD. Wenn - denn um eine Fraktion zu bilden, muss man mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Ländern haben. Die 25 Mandatare sollten kein Problem sein - alleine die Front National dürfte nach derzeitigen Schätzungen zwischen 15 und 20 stellen, die FPÖ mindestens wieder zwei, usw. Die sieben Nationalitäten könnten schon schwieriger aufzustellen sein. Es sei denn, ECR oder EFD, die aus einigen Ländern nur jeweils einen Mandatar haben, rutschen ihrerseits unter die 7er-Hürde - und es werden neue Allianzen gebildet.

Überraschend wäre das nicht: ECR und EFD existieren in ihrer heutigen Form mit den derzeitigen Mitgliedsparteien auch erst seit der EU-Wahl 2009.

An dieser Stelle gibt es jeden Freitag "Brüssel von Innen" - mit aktuellen europapolitischen Themen und Blicken hinter die Kulissen in Brüssel (und Straßburg und Luxemburg). Ihr Feedback ist ausdrücklich erwünscht - als Kommentar unter den Artikeln, per Email oder auf Twitter (@phackerwalton). Die gesammelten Blogeinträge können Sie hier nachlesen.

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