Serbische Tabloide: "Die Ukraine hat Russland angegriffen!"
Von Mirad Odobašić
Aleksandar Vučić hat es zuletzt angekündigt: Aufgrund der Geschehnisse in der Ukraine wird wohl auch der Druck auf Serbien wachsen. Weshalb? Der größte der Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens ist seit Jahren darum bemüht, auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Einerseits schielt man Richtung EU-Beitritt, gilt seit dem 1. März 2012 auch offiziell als Beitrittskandidat und will sich deshalb nicht mit dem Westen anlegen. Parallel dazu pflegt man eine innige Freundschaft mit Russland.
Nun sieht sich Vučić in einer Zwickmühle. Während der Westen das Handeln Russlands im Ukraine-Konflikt verurteilt und Sanktionen schnürt, muss sich der ohnehin umstrittene serbische Präsident entscheiden. Wird er Wladimir Putin die Treue halten oder unterstützt er doch die Bemühungen seines Landes, den Anschluss an die Europäische Union zu schaffen? Für die meisten serbischen Analysten könnte gerade seine Position im Russland-Ukraine-Konflikt ausschlaggebend sein, ob Aleksandar Vučić auch über April hinaus in seinem Amt bleibt. Anfang April finden in Serbien nämlich die Präsidentschaftswahlen statt.
Die Tabloide in Serbien, die die Opposition als stärkste Waffe der Propaganda-Maschinerie Vučićs sehen, haben jedenfalls bereits klare Stellung bezogen. "Die Ukraine hat Russland angegriffen!" lautet die Schlagzeile auf der Titelseite des Blattes Informer. Einen Schuldigen für den "Kriegshorror" hat die Zeitung, die mit dem Prädikat "unabhängig" protzt, bereits ausfindig gemacht. "Die Amerikaner versetzen die Welt in einen Chaos-Zustand", heißt es in Großbuchstaben.
Man weiß nicht genau, wer von wem abgeschrieben hat, aber auch Alo! hat auf der Titelseite seiner Dienstagsausgabe die Schlagzeile "Die Ukraine hat Russland angegriffen!" stehen. Die Welt befinde sich am Rande einer großen Katastrophe. "Die Verurteilungen des Westens haben nicht lange auf sich warten lassen. EU, NATO, USA, die Vereinten Nationen sind derselben Meinungen - Putins Entscheidung sei eine Verletzung des Völkerrechts und der ukrainischen Souveränität", heißt es in dem Artikel auf der Seite drei in einem zynischen Ton.
Srpski Telegraf geht einen Schritt weiter und bringt die Ereignisse in der Ukraine in einen Balkan-Kontext. "Putin entsendet seine Armee, um Serbien und Republika Srpska zusammenzuschließen" - so heißt es auf der Titelseite des Blattes am Dienstag. "Briten in Panik: Die britische Außenministerin Liz Truss behauptet, dass der Kreml-Chef nach der Ukraine am Balkan andockt, wo er sich auf Schaffung neuer Grenzen fokussieren will", schreibt Srpski Telegraf.
Übrigens, neben Putin ist auf der Titelseite Aleksandar Vučić zu sehen. Dieser wolle frisch gebackenen Müttern 20.000 Euro für Wohnkredite herschenken - sogar diesen, die bereits ein Kind haben.