Kroatien: Wie Präsident Milanović zu Lord Voldemort im Wahlkampf wurde
Das höchstgerichtliche Kandidaturverbot von Staatspräsident Zoran Milanović bei der Parlamentswahl schlägt weiter hohe Wellen in Kroatien.
Größere Auswirkungen auf die Kampagne der oppositionellen Sozialdemokraten (SDP) erwarten politische Beobachter deswegen jedoch nicht: Auch wenn sich Milanović aus dem Wahlkampf heraushalten muss und sein Name wie jener von Lord Voldemort nicht genannt wird, ist er als Oppositionsführer fest installiert.
"Sie haben jetzt einen sehr starken Kandidaten für den Regierungschef"
Der SDP-Chef Pedja Grbin kündigte an, die Entscheidung des Höchstgerichts, das sogar mit Annullierung der Wahl drohte, zu respektieren. So wird Milanović nicht als Spitzenkandidat auf der SDP-Wahlliste stehen, die Partei wolle ihn im Wahlkampf auch nicht mehr als künftigen Regierungschef nennen. "Der, dessen Name nicht genannt werden darf", bezeichnete Grbin den Präsidenten in einer scherzhaften Anspielung auf den Harry-Potter-Bösewicht Voldemort. Gleichzeitig machten die SDP und auch Milanović klar, dass er im Spiel für den Posten des Ministerpräsidenten bleibt.
Die Tatsache, dass Milanović nicht aktiv am Wahlkampf teilnehmen darf, ist laut dem Rechtsexperten und Politikbeobachter Ivan Rimac für das ganze Projekt irrelevant. Die SDP habe die Botschaft bereits in die Welt gesetzt. "Sie haben jetzt einen sehr starken Kandidaten für den Regierungschef", sagte Rimac am Montag dem Regionalsender N1. "Mit seiner Ankündigung hob Milanović die Umfragewerte nicht nur für die SDP, sondern für die ganze links-liberale Koalition", betonte er.
Milanović soll zum "Hauptstar der Wahlkampagne" etabliert werden
Der Plan, Milanović zum "Hauptstar der Wahlkampagne" zu etablieren, sei zu 100 Prozent aufgegangen, kommentierte das Nachrichtenportal Telegram am Dienstag und betonte, dass niemand mehr über etwas anderes als Milanović spreche. "Die Provokation hat direkt ins Schwarze getroffen", schrieb "Telegram" und fügte hinzu, dass der "gut geplante Schock" Milanović zur Schlüsselfigur dieser Parlamentswahl machte.
In den Medien wird bereits spekuliert, dass alles eine Strategie gewesen sei, da die Entscheidung des Verfassungsgerichts vorhersehbar war. In den Köpfen der Wähler bleibe Milanović als Prätendent für den Posten des Regierungschefs verankert, auch wenn er bei der Wahl nicht antreten dürfe, so ein Kommentar bei N1.
Drei Parteien haben das von SDP angeführte Wahlbündnis verlassen
Politische Beobachter rechnen damit, dass die SDP in ihrer Kampagne künftig vorsichtig vorgehen werde, um keine Sanktionen des Verfassungsgerichts zu riskieren. Niemand rechnet aber damit, dass Milanović still bleiben wird. Das demonstrierte er bereits am Montag, als er das Verfassungsgericht stark kritisierte und es als eine "Gangsterbande" bezeichnete.
Das Geschehen um Milanović hatte aber einen Preis: Drei Parteien haben das von SDP angeführte Wahlbündnis verlassen. Zunächst stieg die linke Arbeiterfront (Radnička fronta) aus, am Dienstag folgten auch die liberale Partei Fokus und die Regionalpartei IDS. Die SDP hatte ihr Bündnis ursprünglich mit neun kleineren linken und zentristischen Parteien geschlossen. Ziel ist es, die bisher favorisierte konservative Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) von Premier Andrej Plenković abzulösen.