Mehr Platz

Boykott an Schule: Ein 9-jähriges Problemkind beschäftigt ein ganzes Land

Eine Volksschule in der kroatischen Hauptstadt Zagreb kommt seit Wochen nicht zur Ruhe. Grund ist ein 9-jähriger Bub, den seine Mitschülerinnen und -schüler und vor allem deren Eltern nicht an der Schule haben wollen. 

Der Bub gilt als verhaltensauffällig, weshalb er von seiner früheren Schule an diese Schule im Stadtteil Novi Zagreb versetzt worden war. 

Seinetwegen verließen fast alle die Klasse

An seiner vorherigen Schule sollen zwei Drittel der Mitschülerinnen - und schüler die Klasse verlassen haben - wegen angeblicher anhaltender Belästigungen, die von ihm ausgegangen sind.

An seiner neuen Schule soll der 9-Jährige dann dort weitergemacht haben, wo er in der alten aufgehört hatte. Das "Problemkind" soll die anderen vulgär beschimpft, ständig geflucht haben - und seine Mitschülerinnen mehrfach sexuell belästigt haben, indem er sie u.a. in den Hintern kniff. "Er redet ständig über Sex und männliche und weibliche Genitalien, und zwar in einer Art, von der unsere Kinder entsetzt waren. Wir sind keine Puritaner und reden mit unseren Kindern über alles, aber seine Art ist vulgär und wir erlauben ihm nicht, unsere Kinder so anzusprechen", erzählte eine Mutter, die zu einer vor der Schule organisierten Eltern-Demo erschienen war, dem Onlineportal 24sata.hr.

Boykott Nr. 1 dauerte 5 Tage

Das führte vor zwei Wochen zum ersten Boykott: Fast 700 Schülerinnen und Schüler blieben am Montag erstmals dem Unterricht fern. Vielmehr: Sie kamen auch die restliche Woche nicht zur Schule. 

Ihre Eltern hatten es so beschlossen. Sie forderten eine sofortige Lösung für die Situation, um sowohl das Wohl ihrer eigenen Kinder als auch die Unterstützung für den betroffenen Jungen zu gewährleisten. Die Erziehungsberechtigten sind sich einig, dass der Bub dringend Hilfe benötigt, und drücken ihre Besorgnis über die Auswirkungen auf das schulische Umfeld aus.

Empörte Eltern: Man hatte ihnen etwas anderes versprochen

Am heutigen Dienstag folgte der nächste Boykott. Diesmal blieben alle 1.000 Schülerinnen und Schüler daheim. Der Grund: Das "Problemkind" war am Montag "unangekündigt" und trotz anderslautender Abmachung zum Unterricht erschienen. Er wurde von einem Sozialpädagogen und einem Assistenten vor dem Schulgebäude empfangen und in die Klasse begleitet, woraufhin die anderen Kinder aus der Klasse die Schule verließen.

Der Elternrat reagierte empört auf die Rückkehr des Buben in die Schule. Wie der TV-Staatssender HRT berichtet, wurde den Eltern versprochen, dass dieser bis zum Jahresende nicht zurückkehren würde. Beschlossen wurde der Deal allerdings mit dem Schuldirektor, der am Montag sein Amt niederlegte. Er zog Konsequenzen aus der Rückkehr des Buben in den Unterricht. 

"Was sollen wir mit ihm machen, ihn wie einen Möder im Gefängnis einsperren?"

Die Causa beschäftigt inzwischen ganz Kroatien. Gefragt ist vor allem der kroatische Bildungsminister Radovan Fuchs. Dieser stellte sich bereits vor zwei Wochen auf die Seite des "Problemkindes" und sagte, dass ihm der Besuch des Unterrichts zugesichert werden müsse. 

"Das Kind ist verbal unangemessen, wir wissen aber nicht, ob es körperlich aggressiv ist. Mit diesem Kind muss gearbeitet werden, es ist 9 Jahre alt und kein Krimineller. Was sollen wir mit ihm machen, ihn wie einen Mörder im Gefängnis einsperren?", fragte Fuchs nach einer Sitzung des Krisenstabs. Man müsse den Ball flach halten, sagte der Minister - und spielte diesen zugleich den Eltern zu. Diese würden aus seiner Sicht mit ihrem Boykott nur unnötigen Druck auf das Bildungssystem ausüben.