Wie aus dem Ei gepellt: das Luxus-Ei für Feinschmecker
Von Anita Kattinger
Neben seinen 300 Damen kann Hannes Scheibl ausgezeichnet schlafen, schließlich sind diese von eher ruhigem Gemüt. Pünktlich mit Sonnenaufgang kommt Leben ins Haus und die Damen wollen einen Ausflug unternehmen. Was aber dann passiert, bezeichnet der Landwirt als legendär: Er betritt den Stall mit einem Kübel voll Futter – dabei handelt es sich um Maiskörner, die eine Nacht lang in Ziegenmilch quollen. Spätestens jetzt kennen die Damen keine noble Zurückhaltung mehr, denn diese sind echte Feinschmeckerinnen und gieren nach dem Schmankerl.
Nur ein Gag oder zeigt das spezielle Futter wirklich Auswirkung auf die Eier?
"Durch die Ziegenmilch schmecken die Hühnereier tatsächlich anders: Die proteinreiche Milch verändert die Textur des Dotters – er erhält eine cremig-seidige Konsistenz. Wenn ich das so sagen darf: Das Ei wird ein sexy Superfood", schwärmt Scheibl.
Teure Eier
Erst im vergangenen Jahr startete der Medizintechniker mit der Hühnerzucht auf dem einen Hektar großen Areal im oberösterreichischen Frankenburg, das er zuvor landwirtschaftlich nicht nutzte. Mittlerweile ist er stolzer Besitzer von 300 Rassehühnern – allesamt außergewöhnliche Arten wie Araukaner (grüne Eier), Maran, Leghorn, Vorwerk und Bressehühner.
Diesen Hühner-Mix hat er sich ausgesucht, um pro Eier-Schachtel zwei grüne, zwei schokobraune, zwei weiße und zwei cremefarbene Eier hineinlegen zu können. Die Delikatessen werden ab Mitte Februar bei dem Wiener Gastronomen und Delikatessen-Händler Marco Simonis verkauft.
Cremiger Dotter
"Die Eier probieren und verkochen zu dürfen, war eine spannende Erfahrung. Als weiches Ei im Glas spürt man zuerst den cremigen Dotter am Gaumen, danach folgt eine angenehme Ziegenmilch-Säure. Wenn man den rohen Eidotter zu Mayonnaise verarbeitet, erreicht man zudem ein viel höheres Volumen. Egal, ob pur oder im Kuchen, man führt dem Körper etwas Gutes zu."
Scheibl mag mit seinen Eiern der Einzige in Österreich sein, die Idee stammt jedoch von einem anderen Quereinsteiger, wie er selbst bereitwillig zugibt.
Der Ziegenmilch-Brei für Hühner ist nämlich weltberühmt: Seit vielen Jahren setzt der Italiener Paolo Parisi auf seinem Agriturismo "Le Macchie" nahe Livorno auf diese Proteinbombe. Seine Eier gelten als die teuersten der Welt, er verlangt nämlich mehr als fünf Euro das Stück. Für die österreichische Variante muss man weniger berappen: 0,65 Euro direkt ab Hof. Scheibl isst sie übrigens am liebsten als Spiegelei auf einem Toast mit Senf und Cheddar.
Königin der Hühner
Eine Rasse hat es dem Landwirt besonders angetan: Bressehühner – weltbekannt durch das Zitat „Königin der Hühner, Huhn der Könige“ – fallen sie durch ihren roten Kamm, weißes Gefieder und die blauen Beine auf. Spitzengastronomen schätzen das mürbe, aromatische Fleisch der 500 Jahre alten Rasse.
Die Delikatesse lässt sich bei Scheibl direkt ordern oder bei Simonis in Wien vorbestellen: In Wahrheit geht es dem Oberösterreicher aber nicht nur um ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis: Geschlachtet wird ohne Stress nahe dem Stall: "Ich wollte keine Legehennen oder Masthühner – es soll nicht um Masse gehen. Rassehühner legen zwar weniger Eier, dafür sind sie hochwertiger. Die Hühner dürfen bei mir alt werden und von Jahr zu Jahr weniger Eier geben. Den Hühnern soll es bei mir richtig, richtig gut gehen."
195 Euro pro Jahr
Derzeit befindet sich der Betrieb in der Bio-Zertifizierung: Im Stall dürften bis zu sechs Hühner pro Quadratmeter leben, bei Scheibl sind es zwei bis drei pro Quadratmeter, hinzu kommt der Auslauf von einem Hektar.
Für Städter gibt es zwei spezielle Angebote: Um 195 Euro pro Jahr kann man ein Hendl mieten und bei dem Landwirt gut versorgt wissen. Besuche sind jederzeit möglich und einmal im Monat können 20 Eier abgeholt werden. Nach einer Wiener Abholstelle wird bereits gesucht.
Oder man mietet um 0,75 Euro pro Tag sein Hendl und versorgt es bei sich im Garten. Der Profi liefert einen kleinen Stall und das geeignete Futter. Im Winter dürfen die Hühner dann zurück zu ihren Freundinnen aufs Land.
Infos: chickenhouse.at
Gesetz: Hühner dürfen nur dort gehalten werden, wo es „ortsüblich“ ist: Magistrat bzw. Gemeinde geben Auskunft. Wer Nutztiere wie Hühner privat halten möchte, muss dies innerhalb von sieben Tagen bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde melden (in Wien ist das Veterinäramt zuständig).
Nachbarn, die sich durch Lärm oder Geruch infolge einer Tierhaltung unzumutbar belästigt fühlen, können sich an die Polizei wenden. Die Einzelhaltung ist verboten.
Wien: In der Stadt wird für Legehennen eine Auslauffläche von mind. 8 Quadratmeter pro Tier empfohlen. Wiener, die noch nie Nutztiere gehalten haben oder keine Ausbildung nachweisen können, müssen einen Sachkundekurs absolvieren.
Der eintägige Kurs wird vom Ländlichen Fortbildungsinstitut angeboten und ist vor Beginn der Tierhaltung zu absolvieren. Auch wenn Hühner "nur" als Haustiere angeschafft werden, gelten Tierseuchengesetz, Tierschutzgesetz, die 1. Tierhaltungsverordnung sowie Länder-Bestimmungen wie das Wiener Tierhaltegesetz.
Derzeit gilt Wien betreffend Geflügelpest als rote Zone – Haushühner dürfen keinen Zugang zu Wildvögeln haben.
Rechtliche Infos: www.wien.gv.at, www.ris.bka.gv.at, www.ris.bka.gv.at
Züchter Hannes Scheibl: Er empfiehlt für zwei Hühner 25 Quadratmeter. Bei mehr als zwei Hühnern im Garten könnte am ehesten die Geruchsbelästigung ein Problem werden, weniger die Lärmbelästigung.
Auch wenn Stall und artgerechtes Futter im Miet-Paket inkludiert sind, muss man auf Sauberkeit im Stall achten. Hähne können aggressiv sein, was bei Kindern problematisch werden kann. Hühner können sehr zutraulich werden, gewöhnen sich an Routinen und eignen sich sehr gut als Haustiere.