Warum in Schottland jetzt gratis Tampons ausgegeben werden
Rund 500 Mal bekommt eine Frau im Schnitt in ihrem Leben die Periode – und verbringt damit circa 3.000 Tage menstruierend. Das hat seinen Preis, wie die Onlineplattform Erdbeerwoche für nachhaltige Hygieneartikel errechnet hat. Zwischen 2.500 und 4.500 Euro gibt eine Frau auf ihr ganzes Leben gerechnet für rund 16.800 Binden und Tampons aus. Kosten für Schmerzmittel, die etwa Regelschmerzen lindern, sind hier noch nicht eingerechnet. Hinzu kommt, dass in Österreich und anderen Teilen der Welt Tampons und Binden nach wie vor wie Luxusartikel, und damit mit 20 Prozent, besteuert werden.
Perioden-Armut
Während der Zugang zu Hygieneartikeln und sanitären Einrichtungen vor allem in Entwicklungsländern für Mädchen und Frauen problematisch ist, stellt die Anschaffung von Tampons und Binden auch in Europa für viele eine finanzielle Hürde dar. So zeigte eine Studie der schottischen Organisation Young Scot kürzlich, dass sich etwa jede zehnte Schülerin und Studentin Tampons und Binden nur schwer leisten kann. Zusammengefasst wird die Problematik im englischsprachigen Raum unter dem Begriff "period poverty", zu Deutsch Perioden-Armut.
Um dieser entgegenzuwirken, hat sich der schottische Verwaltungsbezirk North Ayrshire Council dazu entschlossen, Hygieneartikel ab sofort in sämtlichen öffentlichen Gebäuden gratis zur Verfügung zu stellen. Etwa in Büchereien oder Gemeindezentren. Dort können Frauen die Produkte künftig aus Automaten kostenlos beziehen, berichtet die BBC. Mit der Maßnahme erweitern die Behörden in North Ayrshire Council einen früheren Beschluss, durch den gratis Hygieneartikel in Schulen zur Verfügung gestellt wurden.
Bezirksrat Joe Cullinane sagte dazu gegenüber der BBC: "Sanitärprodukte sind eine Notwendigkeit, keine Entscheidung." Und weiter: "Ich wünsche mir, dass keine Frau und kein Mädchen in North Ayrshire in die peinliche und oft entwürdigende Situation kommt, ungeeignete Hygieneartikel verwenden zu müssen, weil sie es sich nicht leisten können." Der Zugang zu Hygieneartikeln solle demnach nicht an die finanziellen Mittel einer Frau gekoppelt sein. Mit der Neuerung wolle man außerdem der geschlechtsspezifischen Ungleichheit, die die Problematik mit sich bringt, entgegenwirken.
Rückständige Steuer
Dass Frauen vielerorts gezwungen sind, teure Hygieneartikel anzuschaffen, ist seit geraumer Zeit Thema in der Debatte rund um die Tampon-Steuer.
Angestoßen wurde diese bereits vor drei Jahren in Australien. Damals sammelte eine Studentin fast 100.000 Unterschriften gegen Steuern auf Hygieneprodukte. In Großbritannien wurden bei einer Petition gegen eine Tampon-Steuer von fünf Prozent bereits mehr als 230.000 Unterschriften erzielt, eine Abschaffung ist aber aufgrund von EU-Richtlinien unwahrscheinlich. Ähnliche Petitionen gab es in Frankreich, Italien, Malaysia und Kanada.
Auch in Österreich formte sich diesbezüglich Protest: Die Gründerinnen von Erdbeerwoche schrieben Anfang 2016 einen offenen Brief an den damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling ( ÖVP) und forderten, die hohe Besteuerung der Periode abzuschaffen.
Der Bundesstaat New York schloss sich vor zwei Jahren der weltweiten Bewegung gegen die Tampon-Steuer an. Die Abgeordneten des Senats billigten ein entsprechendes Gesetz. Damit fielen vier Prozent Mehrwertsteuer auf Hygieneprodukte wie Tampons und Binden weg. New York folgte den Bundesstaaten Massachusetts, New Jersey und Pennsylvania. Auch in Kanada und Irland wurde die Mehrwertsteuer auf Hygieneprodukte für Frauen schon abgeschafft.