Toskana: Wo sich Fuchs und „Bieber“ gute Nacht sagen
Wer Castelfalfi entdecken will, muss in einen abgelegenen Teil der Toskana. Nicht in den grell ausgeleuchteten, den mit den edlen Patina-Palazzi und ihren zypressengesäumten Auffahrten, den noblen Weingütern, Schickimicki-Seebädern wie Forte dei Marmi oder den überlaufenen Stadtperlen wie Florenz oder Siena. Castelfalfi ist weitgehend naturbelassen. Egal, in welche Richtung man blickt: Weites Land, Wälder, sanfte Hügel – und Stille. Selbst der Bestsellerautorin und Wahl-Italienerin Frances Mayes war Castelfalfi kein Begriff, obwohl sie in der Nähe, im dreißig Kilometer entfernten Volterra, einige Male aufgeschlagen war.
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Die Amerikanerin, deren Roman „Unter der Sonne der Toskana“ vor zwanzig Jahren mit Diane Lane in der Hauptrolle verfilmt wurde, war beinahe gerührt ob der Unberührtheit der Gegend, des Sternenhimmels und ihrer tierischen Begegnungen bei nächtlichen Autofahrten: Füchse, Rehe und Wildschweine konnten da schon mal die Straße queren. Jetzt im Herbst, bis in den Dezember hinein, sind es die Trüffeljäger, die sich durchs Unterholz schlagen.
Tartufo Bianco
Das kostbare und köstliche Objekt der Begierde: „Tartufo Bianco Pregiato“, der weiße Trüffel – die lokale Antwort auf den berühmten Alba aus dem Piemont. Die Profis unter den Trüffeljägern schwärmen nicht mit Schweinen aus, die zwar schnell die begehrten Knollen erschnüffeln, sie aber gerne auch selbst futtern oder einfach nur zerstören. Der Fachmann von Castelfalfi, der sich gerne bei dieser „Experience“ von Gästen begleiten lässt, hat immer zwei Hunde im Schlepptau, einen voll ausgebildeten und einen Lehrling.
Die Wurzeln Castelfalfis reichen Jahrhunderte zurück, wobei die Geschichtsaufbereitung noch in vollem Gange ist. Verbrieft sind die Etrusker als erste Siedler – davon zeugen Gräber im Tal. Das mittelalterliche Dorf und die Burg gehen auf die Langobarden zurück. Die Römer hinterließen genauso ihre Spuren wie die Medici. Aus einem Dokument aus dem Jahr 754 geht der Ursprungsname hervor: „Castrum Faolfi“. In den 1950er- und 60er-Jahren wurde die Siedlung durch Landflucht leer gefegt, die Landwirtschaft aufgegeben. In den 1980ern war Castelfalfi ein Geisterdorf.
Silvio Berlusconi, so heißt es, wollte sich die verlassene Ortschaft einmal schnappen, auch die Landwirtschaft revitalisieren und für Urlauber attraktiv machen. Es war dann die TUI, die mit dem Projekt eines luxuriösen Hoteldorfs scheiterte – das realisiert nun seit Juli 2021 ein gebürtiger Inder, der in Indonesien lebt. Sein Name: Sri Prakash Lohia, vermögend geworden durch Textilien und Petrochemie. Im Sommer wurde der 71-Jährige mit 7,1 Milliarden US-Dollar als 336. reichster Mensch der Welt geführt.
Der leidenschaftliche Sammler antiquarischer Bücher und Lithografien hat ein neues Kapitel seiner Karriere aufgeschlagen, in dem er sich die Latifundien von Castelfalfi sicherte; immerhin stolze 1.100 Hektar, die fünffache Größe von Monaco.
Verliebt in das Landgut hat er sich nicht unter toskanischer Sonne, sondern im Winter bei Regen und reichlich Wolken. Allein die Renovierung der Zimmer, deren Durchschnittspreis auf das Vierfache wie zu TUI-Zeiten hochgeschnellt ist, der Bau eines Spa mit Innen-/Außenpool und das Upgrade der Restaurants haben bis jetzt hundertzwanzig Millionen Euro verschlungen. Peanuts, wenn einem Milliardär die Vision treibt, ein Hideaway in intakter Natur anbieten zu wollen, unter Einbindung der lokalen Bevölkerung und mit Fokus auf kulinarischer, landwirtschaftlicher und beherbergungstechnischer Exzellenz.
Den Gästen mit dem nötigen Kleingeld stehen verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten offen: das Fünfstern-Resort mit zeitgenössischen Designersuiten im Haupthaus und das mehr toskanische, rustikalere Dreißig-Zimmer-Nebengebäude „Tabaccaia“, ein ehemaliger Trockenraum für Tabak. Weiters die restaurierten Naturstein-Bauernhäuser, die zur Miete oder zum Kauf angeboten werden.
Anreise
Wien–Florenz per Bahn (10 Std., oebb.at) oder Flugzeug (Austrian); dann z. B. weiter mit dem Taxi (1 Std.)
Castelfalfi
5*-Resort in der Gemeinde Montaione. 146 Zimmer, 5 Villen, 5 Restaurants. Tipp: Privat-Dinner in der Festung „La Rocca“. Selbstgemachtes wie Gin, Honig, Öl, Wein, castelfalfi.com
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Loch-Golfplatz, Gym, Kletterwand, Bogenschießen und Survivaltraining
Ausflüge
Wer sich nach Kunst sehnt, ist in 1 Std. in Florenz und Siena
Tausende Olivenbäume
Weitere Fixsterne der Liegenschaft: Ein Golfplatz, ein Spa, fünfundzwanzig Hektar Weinberge und auf vierzig Hektar Fläche über achttausend Olivenbäume, selbstredend alles Bio-Anbau. Celebrities ließen sich nicht lange bitten. Popsänger Justin Bieber, offenbar angetan vom Zauber der Umgebung, gerierte sich im Vorjahr als Naturbursch. Sogar in der Lobby, erinnern sich die Angestellten, lief der Popstar bevorzugt oben ohne herum.