Griechenland: Die Russenbucht auf Poros als Menetekel
Von Thomas Trenkler
Dann rollt man durch wunderbare Wälder – brutale Schneisen sollen bei einem Brand das Übergreifen verhindern – von der Hochebene hinab. Immer wieder erhascht man zwischen den Nadelbäumen Blicke aufs Meer und die Küstenlandschaften des Peloponnes. Und dann umrundet man eine Bucht, die von einer Ruine dominiert wird. Ein Mahnmal fast. Oder ein Menetekel aus dem 19. Jahrhundert? „Russenbucht“ nennt sich der Ort. Im Führer steht so gut wie nichts darüber. Außer: Sie habe den schönsten Strand von Poros. Was definitiv von schlechter Recherche zeugt.
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Poros – nicht zu verwechseln mit Paros inmitten der Kykladen (gleich neben Naxos) – gehört zu den Saronischen Inseln. Am bekanntesten ist wohl Hydra beziehungsweise Ydra (von Amerikanern überrannt und maßlos überschätzt, auch wenn Leonard Cohen dort Marianne Ihlen kennenlernte). Nächst zu Athen liegt Ägina (mit zum Teil erschütternd dreckigen Stränden, aber einem fulminanten Aphaia-Tempel sowie vielen Pistazienhainen).
Und genau dazwischen, dem Festland vorgelagert, liegt Poros. Über diese Insel gibt es kaum etwas zu erzählen. Poros, die Stadt, ist ein geradezu typisches Städtchen. Mit einem überstrahlenden Uhrturm, etlichen alten Häusern, vielen Bars und Tavernen entlang des Hafens. Altgriechischer Funde wegen muss man nicht hierherkommen. Aber Poros ist – egal wo – sauber, gepflegt, fast idyllisch. Eine Insel zum Wohlfühlen. Und klein genug, um sie mit dem Fahrrad erkunden zu können. Gut, hinauf zum Poseidon-Tempel, von dem echt nicht viel übrig geblieben ist, muss man ordentlich strampeln. Aber die Aussichten lohnen. Und im Gastgarten der Taverne Paradisos speist man vorzüglich.
Odyssey
Sehr sympathisches Boutique Hotel, betrieben von einer quirligen Griechin, die Kochkurse anbietet. odysseyactivities.com
Klosterbucht
Abseits gelegen, ohne Schiff erreichbar – bekrönt von einem Kloster mit gespenstischer Taverne. Mehr auf visitgreece.gr
White Cat 1909
Restaurant mit hervorragenden Fischgerichten, gemütlicher als das überlaufene Oasis im Hafen
Danach geht es im großen Bogen hinunter zur Russenbucht. Und da taucht man tief in die Geschichte ein. Durch den Frieden von Küçük Kaynarca 1774 kam die Bukowina zu Österreich – und das Osmanische Reich sicherte Russland die freie Schifffahrt in seinen Gewässern zu. Daher wurde auf Poros eine Versorgungsstation errichtet. Nach der griechischen Revolution (1821–1829) kam es zur Enteignung der Anlage, die Russen bauten eine neue auf – eben in der Russenbucht. Anfang des 20. Jahrhunderts überließ der Zar den Vorposten der griechischen Marine, die ihn jedoch nie nutzte. Das Gebäude verfällt seither. Der schönste Strand von Poros liegt übrigens ein paar Hundert Meter entfernt – und heißt schlicht „Love Bay“.