Leben/Reise

Skurriles im Waldviertel: Vom Kugelhaus und Dorfkino in Drosendorf

Wir schreiben das Jahr 1620: Es tobt der Dreißigjährige Krieg, da wird eine Kugel in die Stadt geschleudert – doch verletzt wird lediglich ein Schwein am Rüssel. Zugegeben, nicht unbedingt das herausragendste Ereignis in der Geschichte von Drosendorf, aber immerhin durch eine Tafel (samt der Originalkugel) am sogenannten „Kugelhaus“ dokumentiert.

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Die Historie spielt tatsächlich eine große Rolle in der über achthundert Jahre alten Stadtgemeinde im äußersten Norden des Waldviertels. Schon im 13. Jahrhundert wurde die auf einem Felssporn gelegene Siedlung komplett mit einer Stadtmauer befestigt. Durch diese Mauern wurde Ottokar II. Premysl vor der Entscheidungsschlacht gegen Rudolf von Habsburg 1278 mehr als zwei Wochen lang aufgehalten – was ihn wahrscheinlich den Sieg kostete. Ohne den Drosendorfer Mauerring hätte vielleicht niemals ein Habsburger Österreich regiert, wie die Drosendorfer noch heute stolz feststellen.

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Die Stadtmauern sind erhalten und können auf der „Sommerpromenade“ und der „Winterpromenade“ bequem umrundet werden – schöne Ausblicke auf die Thaya, die den Ort an drei Seiten umfließt, inklusive. Ein Tipp: Das Strandbad mit dem knapp hundert Jahre alten Badehaus (Bild). 

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Nur an zwei Stellen, dem Hornertor im Osten und dem Raabsertor im Westen, ist es möglich, die Stadt zu betreten. Steht man dann auf dem Hauptplatz, staunt man über das weitgehend intakte Ortsbild. Besonders ins Auge stechen das Sgraffito-verzierte Rathaus, die davor stehende Pestsäule, der Pranger und die vorbildlich renovierten Häuser.

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Eines dieser Häuser beherbergt eine Perle: Das dreihundert Jahre alte Gasthaus Failler: „Zum Goldenen Lamm“. Vor über hundert Jahren nahm der Wirt ein Lichtspieltheater in Betrieb, indem er sonntags hundertachtzig Sessel in seinen Speisesaal stellte. 

Vom Sterben und Leben des Kinos

Innerhalb kürzester Zeit war Drosendorf kinoverrückt – jede der Vorstellungen war ausverkauft, und es kamen nicht nur die Drosendorfer, sondern (meist zu Fuß) auch Menschen der Umgebung. Die Zeit des Kinosterbens in den 1970ern setzte auch dem Drosendorfer Dorfkino zu – bis es 1990 der Filmclub Drosendorf zu neuem Leben erweckte. 

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Wer eine der monatlichen Filmvorführungen (filmclubdrosendorf.at) in Retro-Atmosphäre miterleben kann, wird dieses Glück nicht so schnell vergessen. Anschließend kann man stilecht in einem der charmant renovierten Zimmer des Gasthofs Failler übernachten. Und dort, im Gegensatz zum Jahr 1620, eine ruhige Kugel schieben. 

  • Stadtführung Drosendorf Jeden Sa, So/Feiertag bis 27.10., Start: 11.15 Uhr beim Bahnhof (5 €). Auskünfte unter 02915/2213  (drosendorf.at)
    Flussbad Historischer Pavillon mit Liegewiese an der Thaya (im Juli und August tägl. geöffnet). Im August Open Air-Kino (thaya-strand-bad.at)
    Reblaus-Express zwischen Retz und Drosendorf bis 27.10. jeden Sa, So und Feiertag, zw. 5. 7. und 30. 8. auch freitags. reblausexpress.at

Mehr Infos zum Waldviertel auf www.waldviertel.at