Das neue CERN-Museum in Genf: Wo Protonen um die Ecke biegen
Von Verena Richter
Alles wirkt kompliziert, wenn man vor der Maschine mit dem Namen Synchrozyklotron steht – dem allerersten Beschleuniger, der 1957 am CERN in Genf in Betrieb ging. Aber Forschungsmitarbeiter Niklas Herff beruhigt: „Was physikalisch passiert, ist gar nicht so schwer zu verstehen.“
Das CERN und dessen Teilchenbeschleuniger ist nahezu jedem ein Begriff. Was in dem 27 Kilometer langen Tunnel vor sich geht, wenn Protonen bei annähender Lichtgeschwindigkeit kollidieren, ist für viele hingegen ein Mysterium. Aufklärung soll das neu eröffnete Museum „Science Gateway“ bringen.
Die Kosten von umgerechnet etwas mehr als 100 Millionen Euro wurden ausschließlich durch Spenden finanziert. Erwartet werden bis zu 500.000 Besucher im Jahr, der Eintritt ist für sie völlig kostenlos.
Reise zum Urknall und Quanten-Karaoke
Der große Gebäudekomplex, entworfen von Renzo Piano, sieht durch seine zwei langen Röhren passenderweise wie die Raumstation der ISS aus. In den Röhren befinden sich die Ausstellungen, ein Schwerpunkt liegt auf der Quantenphysik. An das Thema habe sich bisher niemand herangetraut.
Im „Science Gateway“ sollen Besucher selbst Hand anlegen und aktiv sein können. Praktisch umgesetzt hat man das durch Quanten-Karaoke, einen echten Teilchenbeschleuniger, um selbst Analysen durchzuführen, oder Räume, in denen man zurück zum Urknall reist oder der Expansion des Universums zusehen kann.
Die Installation „Exploring the Unknown“ dreht sich um drei große, noch teils unerforschte Gebiete: Die Quantenstruktur von Raum und Zeit, die Leere (das Quantenvakuum) und das Unsichtbare (Dunkle Materie).
Eine weitere Besonderheit: Besucher kommen direkt mit CERN-Mitarbeitern in Kontakt.
Freiwillige Ingenieure und Wissenschaftler spendeten jährlich Tausende Stunden ihrer Zeit, um Besucher herumzuführen und ihnen ihre Arbeit näher zu bringen.
Womit wir wieder bei Herff wären, der mit einer Engelsgeduld erklärt, wieso man überhaupt Protonen aufeinander schießt und wie man sie „um die Ecke biegt“. Nötig sind dafür Magnetfelder innerhalb des Kreisbeschleunigers, welche die Protonen auf die Bahn bringen.
Der Moment, wenn Neues entsteht
Die Protonen fliegen dabei 11.000 Mal pro Sekunde durch den siebenundzwanzig Kilometer langen Kreis. „Wenn ich dann zwei Protonen aufeinander schieße, werden diese für einen Bruchteil einer Sekunde zu reiner Energie, aus der wiederum für einen kurzen Moment neue Teilchen werden“, erklärt Herff.
Package: Bei Abfahrt am 11. März mit der ÖBB/2. Klasse ab Wien nach Genf und zurück inklusive Sitzplatzreservierung und einer Übernachtung im 4-Sterne-Hotel Eastwest Hôtel mit Frühstück ab 339 Euro pro Person im Doppelzimmer. Infos auf railtours.at
Sightseeing und Öffis: Wer in Genf übernachtet, erhält eine kostenlose Transport Card für das gesamte Öffi-Netz. Mit dem Geneva City Pass können 60 Attraktionen kostenlos oder zu ermäßigten Preisen besucht werden. Alle öffentlichen Verkehrsmittel sind enthalten. Mit dem Choco Pass können die bekannteste Chocolatiers Genfs und deren Produkte entdeckt werden. Infos auf geneve.com
Lokaltipps: Schweizer Spezialitäten gibt es im altehrwürdigen „Les Amures“, die besten Steaks serviert das moderne „Chez Philippe“ auf seiner Dachterrasse
Genau dieser kleine Moment ist entscheidend, um Neues zu entdecken. „Es werden alle möglichen Teilchen erzeugt, von denen jedoch nur ein Millionstel beobachtet werden kann.“ Um sie systematisch zu erforschen, müssen die Kollisionen immer und immer wieder wiederholt werden.
Was das bringen soll? Antworten auf große Fragen finden: Was sind die kleinsten Teilchen? Gibt es Teilchen, die wir auf der Erde noch nie gesehen haben? Wie hat unser Universum begonnen und wie sah der Urknall aus?
Reformiert
Nicht ganz so weit in die Vergangenheit reist man im völlig neu gestalteten und wiedereröffneten Reformationsmuseum. Der Weg dorthin führt durch gepflasterte Gassen der verwinkelten Innenstadt.
Tipp: Wer im Juni nach Genf kommt, stößt an fast jeder Häuserecke, in Höfen und Arkaden auf Musikbands, die im Rahmen von Festivals gratis Freiluftkonzerte geben.
Trotz der engen Gassen verläuft sich die Menge an Besuchergruppen. Nur hie und da muss man sich zwischen die zu beiden Seiten aufgebauten Schanigärten der Restaurants schlängeln.
Irgendwann geben die schmalen Wege plötzlich den Blick auf die Kathedrale Saint Pierre und den sonnigen Vorplatz frei. Das Reformationsmuseum versteckt sich in einem benachbarten Hof im Schatten des Gotteshauses.
Genfs geheimer Panorama-Aufzug
Im Innern reist man per Tablet durch die Geschichte, Gemälde und Figuren wie Johannes Calvin werden zum Leben erweckt und erzählen „persönlich“. Nachhaltigen Eindruck macht schon einer der ersten, in blutigem Rot gehaltene Raum, in dem die Religionskriege dargestellt sind.
Insgesamt neun Räume zeichnen die Geschichte vom 16. Jahrhundert bis heute chronologisch, aber auch kritisch nach.
Für einen guten Ausblick über Genf bietet sich ein Besuch der benachbarten Kathedrale zwar an, muss aber nicht sein. Wer sich den Eintritt plus die Gebühr für den Turmaufsteig sparen will, spaziert zum kostenlosen Panorama-Aufzug. Der „Ascenseur panoramique“ in der Quai du Seujet 20 ist ein (noch) gut gehütetes Geheimnis und biete einen schönen Blick auf die Stadt und den See.
Schweizer Gemütlichkeit im Gummiboot
Von hier ist auch nicht mehr weit zur „Jonction“, wo die Flüsse Rhone und Arve aufeinandertreffen. Der beste Platz für Fotos ist der Fußgängerübergang auf der gegenüberliegenden Eisenbahnbrücke, von der ebenfalls nicht viele Touristen zu wissen scheinen.
Man ist so gut wie ungestört und kann den Genfern dabei zusehen, wie sie sich in Gummibooten den Fluss entlang treiben lassen - oder unternimmt selbst eine Fahr. Startpunkt ist am Quai du Seujet, aber Obacht: Die Strömung ist ganz schön zügig.
Auf der Landzunge zwischen den Flüssen (A la Pointe) treffen sich die Einheimischen, um schwimmen zu gehen. Es gibt Liegestühle, Imbissstände und WC-Anlagen.
Was man erst begreift, wenn man in Genf ist: Frankreich und Italien sind oft nur eine kurze Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt. In das ehemalige italienische Dorf Carouge kommt man mit der Straßenbahn. Und Bistros und Boutiquen entdeckt man am gemütlichsten an einem Samstag, wenn auch der Wochenmarkt stattfindet.