Leben/Mode & Beauty

Wie mit einem Papierkleid zum Wegschmeißen Fast Fashion begann

Eine Werbung in den USA im April 1966. Ein Mannequin im kunterbunten Kleid auf der Blumenwiese. Dazu ein knackiger Text: „Trag es zu Hause. Trag es bei Partys. Trag es ohne Sorge, denn wenn du es satthast – trenn dich einfach davon.“

Immerhin kostete dieses Stück, das der Toilettenpapierhersteller Scott Paper Company auf den Markt gebracht hatte, rund einen Dollar. Als Werbegag gedacht, wurden die Papierkleider ein Modetrend, der zwei Jahre andauern sollte. „Model Twiggy zeigte sich damit und Richard Nixon ließ im Präsidentschaftswahlkampf 1968 Papierkleider mit seinem Namen und Sternen der US-Flagge verteilen“, erklärt Lara Steinhäußer. Die Kustodin der Textil-Sammlung hat die Ausstellung „Critical Consumption“ im Wiener MAK kuratiert, die sich ab 29. August mit Mode und Konsum beschäftig.

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Zu sehen gibt es hier etwa jenes ikonisch gewordene Papierkleidungsstück „Souper Dress“ des Suppenfabrikanten Campbell, das mit den durch Andy Warhol berühmt gewordenen Suppenetiketten bedruckt ist.

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„Damit begann eigentlich die Fast Fashion“, sagt die Expertin. „Heute sind die Konsummuster so extrem zugespitzt. Wir tragen Kleidung kürzer, weniger und haben viel mehr davon.“

221.800 Tonnen Müll

Doch der Wunsch nach ständig Neuem oder nach billig produzierter Mode hat seinen Preis: menschenwidrige Arbeitsbedingungen in den Nähfabriken, geschredderte Luxusartikel und jede Menge Abfall. Alleine in Österreich landen laut einer Studie des Umweltbundesamtes rund 221.800 Tonnen Kleidung pro Jahr im Müll.

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Und europäische Second-Hand-Stücke zerstören in afrikanischen Ländern nicht nur die Umwelt, sondern auch die Tuchindustrie. Viele Stücke bestehen aus Kunstfasern, die durchs Waschen in die Gewässer kommen und als Mikroplastik belasten.

„Es ist spannend, dass schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts Kunstseide entwickelt wurde. Die synthetischen Kunststoffe mit dem Problem der Nanoplastik kamen erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“ Gerade gebe es wieder eine Rückwendung zu den älteren Materialien. „Zellulosebasiertes ist heute ein verheißungsvolles Materialfeld. Es lässt sich viel besser abbauen als Erdölprodukte. Es passiert viel Forschung und Entwicklung.“

Lange Reise

Und auch sonst ist die Expertin guter Dinge, dass sich zukünftig einiges ändert. „Es sind so viele Schritte, bis ein Kleidungsstück fertig ist. Diese nachzuvollziehen, ist nicht immer einfach.“ Bis etwa Baumwolle als bunt bedrucktes T-Shirt auf dem Verkaufstisch liegt, reist es durch mehrere Länder. „Die EU arbeitet daran, dass die Lieferkettentransparenz erhöht wird.“

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Dazu gehen mehr Menschen verantwortungsbewusst mit Mode um und legen Wert auf Nachhaltigkeit. Das heißt auch reparieren statt wegwerfen. Unter Umständen kommt der Stopfpilz wieder. „Den zeigen wir auch her. 16- bis 18-Jährige werden davor stehen und wohl nicht wissen, was das ist. “

Eröffnung am 29. 8., 19 Uhr, im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK).

Ab 18 Uhr: Podiumsdiskussion "How can we consume fashion responsibly?"(in Deutsch und Englisch) 
mit  Alec Leach, Autor von The World Is On Fire but We’re Still Buying Shoes,  
Madeleine Alizadeh, Gründerin dariadéh und Content Creator  
Sabinna Rachimova, Gründerin, Dozentin, Beraterin, SABINNA, Fashion Revolution Austria 
moderiert von Lara Steinhäußer, Kuratorin MAK Sammlung Textilien und Teppiche